"Die Botschaft steht über dem Boten"

Hage, 29. September 2020

Rolf Meyer-Engeler wird nach fast 30 Jahren in einer Kirchenvorstands-Sitzung verabschiedet

Kein Gottesdienst zur Verabschiedung - das war nicht nur "Corona" geschuldet: Pastor Rolf Meyer-Engeler, seit bald 30 Jahren in Hage höchst engagiert, wollte seinen Verzicht theologisch begründet wissen. Auf eigenen Wunsch wurde er im Rahmen einer Kirchenvorstandssitzung von Superintendent Dr. Helmut Kirschstein verabschiedet - und legte zur Eröffnung in einer kurzen Andacht selbst die Gründe für diese Form des Lebewohls dar.

"Groß ist unser Gott", sang Regionaldiakon Patrick Oeser so schwungvoll wie programmatisch zur Gitarre, und eröffnete damit die Gedanken des scheidenden Pastors. Er komme von einem kleinen Bauernhof, führte Meyer-Engeler aus, da sei der Betrieb stets wichtiger als der Mensch gewesen. Alle brächten so ihre persönlichen Ressourcen ein, dadurch lerne man "unbedingte Solidarität"  - und genau so verstehe er sein Verhältnis zur Kirche. Unter Bezugnahme auf 1. Korinther 12 ("ein Geist, verschiedene Ämter") stellte er fest, auch ein Pastor stehe als Amtsinhaber nicht über dem Herrn Christus oder dem Heiligen Geist. Das komme am besten durch "möglichst wenig Personenkult" zum Ausdruck. Sein eigener Abschied solle nichts Pompöses haben, sondern "so normal wie möglich" passieren: "Die Botschaft steht über dem Boten!" Das "Unternehmensziel der Kirche" sei es schließlich, "dass Gott die Ehre gegeben wird". So ließ er zum Abschluss seiner Gedanken den berühmten "Philipperhymnus" (im Ev. Gesangbuch Nr. 760) von allen gemeinsam sprechen: "Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht..."

Erst nach dem Durchgang durch die kurze Tagesordnung schloss der Norder Superintendent die Verabschiedung und Würdigung an. Unter Bezug auf die Agende, die auch im Gottesdienst verwendet worden wäre, verlas er zunächst die vom Landeskirchenamt ausgestellte Urkunde. Den agendarischen Dank "für deinen Dienst, für den Einsatz deienr Gaben und Kräfte, für deine Treue und Liebe" ergänzte er durch eine besondere Würdigung: Dr. Kirschstein griff dazu auf eine persönliche Beurteilung des scheidenden Pastors zurück, die er 2010 im Rahmen seiner damaligen Visitation verfasst hatte.

Pastor Meyer-Engeler habe "die Gemeinde und ihre hervorragende Arbeit durch seinen engagierten Einsatz entscheidend mit geprägt". In seiner Person verbänden sich "volkskirchliche wie missionarische Impulse": "Situationen aller Art bieten ihm die Gelegenheit, Menschen so freundlich wie nachdrücklich zur Mitarbeit einzuladen." Rolf Meyer-Engeler stehe für Kreativität in Gottesdienst und Gemeindearbeit. Er lebe und verkünde seinen evangelischen Glauben "buchstäblich mit Herzen, Mund und Händen". Besonders hob der Superintendent die "unnachahmliche Bodenständigkeit" des scheidenden Pastor hervor, durch die er "stets ein offenes Ohr für die Sorgen der Menschen" hatte, nicht zuletzt für die Probleme der Landwirtschaft.

Der schon 2010 beobachtete Schwerpunkt in der Sudan-Partnerschaft habe sich später auch segensreich für die Integration der in Hage aufgenommenen Migranten ausgewirkt. Dr. Kirschstein bemerkte aber auch, dass Rolf Meyer-Engeler in seinem Engagement wohl manches Mal an den Rand der Belastbarkeit gestoßen sei. Sein "erfolgreiches Wirken" für das Hoyer Konfirmanden-Modell und für einen "vorbildlichen Gemeindeaufbau" werde unvergessen bleiben. Pastor Rolf Meyer-Engeler habe eine Spur des Segens gelegt, für die er dem Geistlichen von Herzen danke.

Per Handschlag und Segens-Zuspruch entpflichtete der Superintendent den so Geehrten und schloss ein Dank- und Fürbitt-Gebet für den scheidenden Pastor und seine in der Gemeinde ebenfalls aktive Ehefrau an.

Als Geschenk des Kirchenkreises - den Blumenstrauße habe er ja bereits zur Verabschiedung aus dem Eine-Welt-Ausschuss bekommen - überreichte Dr. Kirschstein dem langjährigen Weggefährten ein aktuelles Buch zu den "unvollendeten Revolutionen" im Sudan. Auch der Kirchenvorstand hatte das besondere Engagement Meyer-Engelers für dieses Land und seine Menschen bedacht: Alle Mitglieder hatten eine größere Spende dafür zusammengelegt, die Pastor Ingo Wiegmann als Vorsitzender mit herzlichem Dank für alles Wirken zum Wohl der Gemeinde überreichte - sicherlich ganz im Sinne des scheidenden Pastors.