Abschied auf Augenhöhe mit dem "lieben Bruder Paulus"

Arle, 27. September 2020

Hohe Wertschätzung für Pastorin Hilke Osterwald zur Verabschiedung aus dem Arler Pfarramt

Sie selbst begab sich zum Abschied auf Augenhöhe mit dem "lieben Bruder Paulus": In ihrer programmatischen Predigt präsentierte Pastorin Hilke Osterwald einen fiktiven Brief an den Apostel, dem sie damit auf einen Auszug aus dem 2. Timotheusbrief antwortete. Pastorales Selbstbewusstsein wie christliche Demut kamen dadurch gleichermaßen zur Sprache, immer wieder blitzten aktuelle Gegenwartsbezüge auf: von der deutlich hervorgehobenen Bedeutung der Frauen über die Herausforderung durch Migranten und sozial Schwache zur Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung: "Wir haben das Wunderbare nicht gemacht, aber wir können es schützen."

Damit sah sich die scheidende Pastorin allerdings in eben der Perspektive, die Paulus mit seinem Pochen auf den "Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit" eröffnet hat. In ihrem sechs-jährigen Wirken in Arle hatte Hilke Osterwald selbst "gegen den Geist der Angst" Akzente gesetzt. Als die Flüchtlingswelle um 2016 auch Arle erreichte, rief sie das "Arler Forum" ins Leben und sorgte für die Beherbergung von Flüchtlingen. Gesellschafts-diakonische Verantwortung lag ihr ebenso am Herzen, wie die Förderung von Musik und Jugendarbeit, die Begleitung der Menschen in Freud und Leid und eine engagierte Seelsorge.

Daran erinnerte auch Superintendent Dr. Helmut Kirschstein in seiner Ansprache zur Verabschiedung. Unter Bezug auf ein Lieblingslied der Pastorin - zum Choral "Du meine Seele, singe" hatte sie selbst zu Beginn des Festgottesdienstes eine neue Textfassung eingesprochen - zeichnete der Geistliche den "Spannungsbogen" nach, der für Hilke Osterwald charakeristisch sei: Ihr pastoraler Einsatz habe die beiden Pole "Lobpreis und gesellschafts-diakonische Verantwortung" verbunden. "Zwischen Liturgie und Leiner-Stift, Gottesdienst und Gossner Mission" schwinge ihre theologische Existenz und verbinde die "himmlischen Klänge der Kantorei" mit den "irdischen Abgründen", mit denen sie sich im Verein KZ-Gedenkstätte Engerhafe beschäftige.

Bevor er per Handschlag die Entpflichtung vornahm und der Kirchenvorstand segnende Hände über die knieende Pastorin hielt, dankte der Superintendent auch für den Einsatz Osterwalds im Kirchenkreisvorstand und als seine Stellvertreterin im Aufsichtsamt: "Mit Ihrer großen Erfahrung waren Sie eine gute Ratgeberin."

Frauen des "Arler Forums" beteiligten sich an Begrüßung und Gebeten. Obwohl auch in diesem Gottesdienst kein Gemeindegesang möglich war, kamen vielfältige musikalische Beiträge nicht zu kurz: An der Orgel, um deren Restaurierung sich die Pastorin erfolgreich bemüht hatte, brillierten Ingo Valentin und Alda Lüken, die mit ihrer glockenklaren Stimme auch solistisch hervortrat ("Du bist da"). Kantor Thomas Kruse und seine Frau Heike überraschten mit neuen Klängen ("Du bist ein Gott, der mich anschaut") per Keyboard und Rhythmus-Verstärkung ("Gott segne dich, behüte dich, erfülle dich mit Geist und Licht...").

Noch in der Kirche bedankte sich Helga Valentin als Vertreterin des Kirchenvorstands für die gute Zusammenarbeit und zahlreiche Impulse, zu denen eben auch viele neue Lieder gehört hätten. Bürgermeister Fredi Fischer charakterisierte die Pastorin als "sympathisch, zielstrebig, aufrichtig" und bedankte sich nicht zuletzt für die gute Zusammenarbeit im gemeinsamen Einsatz für die Migranten. Pastorin Hilke Osterwald habe "vieles verändert" und "neuen Schwung gebracht".

Der Posaunenchor hatte nicht nur den feierlichen Auftakt gemacht, sondern spielte im Anschluss an den Gottesdienst zum Empfang vor der Kirche. Hier durfte gesungen werden - und Pastorin Osterwald hatte sich zum Abschluss der Dankes-Feier einen Dank-Choral gewünscht: "Nun danket alle Gott, mit Herzen, Mund und Händen", schallte es von der Kirchenwarf hinunter ins Dorf.