Gute Noten für die Beratungsstelle der Diakonie

Norden, 22. September 2020

Erfreuliche Bilanz des Jahresberichts 2019 und aktuelle Entwicklungen "unter Corona"

Die besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie machen auch vor der Psychologischen Beratungsstelle des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Norden bei der Diakonie nicht Halt. Maximal zwei Ratsuchende dürfen gleichzeitig zum Gespräch kommen. Sie sind durch eine große Plexiglaswand von der Beraterin getrennt. Im gesamten Gebäude muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Erst im Beratungszimmer kann er abgenommen werden. Die Corona-Pandemie hat aber auch dazu geführt, dass Psychologin Marja Goronzy und ihr Team den Jahresbericht für 2019 früher fertigstellen konnten als gedacht.

Mitte März musste die Beratungsstelle vorübergehend schließen, da blieb Zeit für die Zusammenfassung. Und die bescheinigt dem Team gute Noten. „Wir haben eine Umfrage unter den Ratsuchenden gemacht“, erklärt Goronzy im Gespräch mit der Zeitung. „Die Ergebnisse bilden den Schwerpunkt im Jahresbericht.“ Neben kurzen Daten zu Geschlecht, Art der Therapie und Dauer mussten die Befragten zehn Fragen beantworten. Etwa die Hälfte bezog sich auf die Qualität der Betreuung, der Rest auf den persönlichen Umgang mit dem eigenen Problem. Die Ergebnisse bescheinigen der Beratungsstelle eine gute Arbeit. In Sachen Kompetenz, Verlässlichkeit, Einfühlungsvermögen und Verständnis könnten die Resultate mit 9,4 bis 9,6 von zehn Punkten kaum besser sein. Darüber hinaus gaben die meisten Teilnehmer an, dass sie wiederkommen und die Einrichtung weiterempfehlen würden.

"Das sind sehr gute Ergebnisse“, meint auch Goronzy. In weiteren Fragen erklärten die Teilnehmer, dass sie sich nach der Beratung gestärkter fühlten. „Es gab aber auch eine Ratsuchende, die schrieb, dass es ihr nach der Beratung zunächst schlechter ging“, erklärt Pädagogin Irene Ermisch-Kleemann. „Das lag aber daran, dass sie sich durch die Beratung ihrer Probleme bewusst wurde und sie endlich angehen konnte.“ Allein schon die Tatsache, dass sie so reflektiert war, dies zu erkennen, wertet Ermisch-Kleemann als Erfolg.

Die erste Kontaktaufnahme erfolgt in der Regel telefonisch“, erklärt Goronzy. In einem ersten Gespräch loten Beraterin und Ratsuchender aus, wo der Schuh drückt. „Wir lassen die Klienten erst einmal reden“, beschreibt Goronzy den Ablauf. Anfängliche Scheu wird im Lauf des Gesprächs meist schnell abgebaut. Dann wird über das weitere Vorgehen beraten. „Viele kommen nur einmal zu uns, oft reicht das auch“, weiß die Psychologin. „Manchmal kommen die Ratsuchenden aber auch erst nach einem Jahr wieder zu uns“, ergänzt Ermisch-Kleemann. Häufig seien sie sich ihrer Probleme bewusst, bräuchten aber Zeit, um die Hilfe der Beratungsstelle in Anspruch zu nehmen. „Das ist auch völlig okay“, meint die Pädagogin, die eine therapeutische Zusatzausbildung absolviert hat, um unter anderem als Familientherapeutin und Paarberaterin zu arbeiten.

Insgesamt kamen im vergangenen Jahr 454 Ratsuchende zur Beratungsstelle, 302 nahmen die Beratungsangebote an. Bis zu 15. Mal dürfen Ratsuchende die Angebote annehmen. „Oft bilden sie eine Überbrückung, bis die eigentliche Psychotherapie beginnen kann“, verrät Marja Goronzy. Denn auf einen Termin beim Psychotherapeuten warten die Ratsuchenden oft mehrere Monate. Die Themen, mit denen die Psychologin und ihr Team sich auseinandersetzen, sind ganz unterschiedlich. „Häufig liegt das Problem in einem kritischen Lebensereignis“, erklärt Goronzy. Das kann beispielsweise der Verlust eines geliebten Menschen sein. Es kann sich aber auch um ein Trauma handeln, das schon in der Kindheit begründet ist. Oft kommen auch Ratsuchende mit Ängsten oder Depressionen zur Diakonie.

Ein weiterer Schwerpunkt sind Paarberatungen. „Mal ist es häufiger Streit zwischen Ehepartnern, mal die Tatsache, dass sich gar nicht gestritten wird“, erklärt Ermisch-Kleemann. Auch in diesem Bereich sind die Probleme vielfältig. Der größte Unterschied bei den Gesprächen ist, dass sich Paare häufig gemeinsam beraten lassen.

Die Corona-Pandemie hat im vergangenen Jahr, auf das sich der Jahresbericht bezieht, noch keine Rolle gespielt. Dafür ist das laufende Jahr umso mehr von ihr geprägt. „Das merken wir auch in der Beratung“, weiß Ermisch-Kleemann. Zwar sei die Tatsache, dass es das Virus gibt, nicht der Grund, zur Beratungsstelle zu gehen. Aber: „Vielen ist während der vergangenen Monate bewusst geworden, dass sie Probleme haben.“ Die Pädagogin führt das darauf zurück, dass durch das Arbeiten im Homeoffice mehr Zeit zum Nachdenken und damit auch zur Selbstreflexion bleibt. Dass es über Wochen kaum Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung gab, trug ein Übriges dazu bei. „Die Ratsuchenden kommen nicht wegen Corona zu uns“, beschreibt sie die Situation. „Aber die damit verbundenen Einschränkungen haben dafür gesorgt, dass sich viele ihren Problemen stellen.“ Das zeigt sich auch daran, dass seit dem Ende der Sommerferien die Nachfrage nach den Beratungsangeboten gestiegen ist.

Die Corona-Zeit hat aber auch positive Einflüsse gehabt. Das zeigt sich vor allem in der Paartherapie. „Viele Paare haben wieder zusammengefunden“, erklärt Ermisch-Kleemann. Paare, die vorher kaum Zeit füreinander hatten, haben auf einmal gemerkt, dass sie eigentlich doch sehr gut zusammenpassen, sich allerdings mehr Zeit füreinander nehmen müssten. „In einigen Fällen besteht gar kein Beratungsbedarf mehr“, freut sich die Pädagogin.

Genauere Ergebnisse wird aber erst der Jahresbericht für das laufende Jahr liefern.

Unter dankbarer Verwendung eines Artikels im OSTFRIESISCHEN KURIER.