Seit 25 Jahren ein Wohnzimmer für viele Norder

Norden, 03. November 2020

"Tagesaufenthalt" der Diakonie feiert Jubiläum - Trotz Veränderungen personelle Konstanz

In den vergangenen 25 Jahren – seitdem es den Tagesaufenthalt in Norden gibt – hat sich vieles in der täglichen Arbeit dort verändert. Es gibt aber auch zahlreiche Konstanten. Dazu gehört die Mitarbeiterin Alma Nordwall. Als der Tagesaufenthalt an der Norddeicher Straße 1995 eröffnet wurde, war sie mit dabei und ist seitdem für viele Menschen eine feste Ansprechpartnerin. An ihrer Seite sitzt heute Helga Pieper, und gemeinsam verwalten sie nicht mehr nur den Tagesaufenthalt.

Im September 1995 öffnete die Einrichtung ihre Türen, startete offiziell aber erst zwei Monate später. Nordwall war dabei, als unter anderem der damalige Landrat Hinrich Swieter, Bürgermeister Fritz Fuchs und Superintendent Manfred Horch den Tagesaufenthalt am 3. November eingeweiht haben.

Der Beginn war ein wenig holprig, aber nach anfänglicher Skepsis, die in der Nachbarschaft herrschte, „hat das Ganze eine gute Entwicklung genommen“, erzählt Alma Nordwall. Das Haus bot ab September 1995 ein breites Angebot nicht nur für Wohnungslose. Auch Norder, die in unzureichenden Wohnsituationen lebten oder davon bedroht waren, konnten dort Hilfe bekommen. Und das ist auch heute noch so. Damals sei es allerdings leichter gewesen, Wohnungen für diese Menschen zu finden. Denn auch darum kümmern sich Nordwall und Pieper. Seit einigen Jahren fehlt es in der Stadt Norden an günstigem Wohnraum. „Es ist wirklich unbefriedigend“, sagt Helga Pieper. Auch größere Familien oder Familien mit Handicap haben Schwierigkeiten, eine passende, bezahlbare Wohnung zu finden. Die Wohnräume, die leer stehen, seien entweder unbewohnbar, zu groß oder schlicht zu teuer. Hinzu komme, dass Wohnungsbaugesellschaften und Vermieter nur selten an Arbeitslose vermieten. Besonders seit es das gemeinnützige Bau- und Wohnungsunternehmen Neue Heimat nicht mehr gibt.

Verändert haben sich auch die Menschen, die das Angebot des Tagesaufenthalts in Anspruch nehmen. So gebe es beispielsweise weniger sogenannte Berber. Diese sozial organisierte Teilgruppe zieht gewollt von Ort zu Ort und lebt von den Tagessätzen, die in den Städten ausgegeben werden, in denen sie sich gerade befinden, erklärt Alma Nordwall. In den ersten Jahren nachdem der Tagesaufenthalt eröffnet wurde, kamen viele auch nach Norden in das Gebäude der Diakonie. Doch das hat sich im Laufe der Jahre geändert. „Viele wollen damit nicht mehr in Verbindung gebracht werden. Besonders Jüngere bestehen darauf, dass sie keine Berber sind“, erklärt Nordwall. Zahlreiche unterschiedliche Menschen kamen in den Tagesaufenthalt, um dort einen Kaffee zu trinken, ihre Tagessätze abzuholen, Hilfe in Anspruch zu nehmen oder um Jüngeren Tipps zu geben. „Das war ein spannendes Arbeiten.“

Auch heute kommen immer wieder neue Menschen in den Tagesaufenthalt. Was es aber schon immer gegeben habe, sind die Stammgäste, die die Hilfe der Sozialarbeiterinnen in Anspruch nehmen, andere Menschen treffen oder einfach raus aus ihrer Wohnung wollen. „Für die war es im Lockdown besonders schwer, eine feste Tagesstruktur aufrechtzuerhalten“, erzählt Helga Pieper. „Auch für uns war es schwer, nicht zu wissen, wo die Menschen sind.“ Viele kennen die Mitarbeiterinnen der Diakonie, dem Träger des Tagesaufenthalts, bereits seit langer Zeit.

Tagesaufenthalt heißt unter anderem, denen, die darauf angewiesen sind, eine Anlaufstelle zu geben. Sei es, um soziale Kontakte zu knüpfen oder aufrechtzuerhalten, Hilfe beim Ausfüllen von Formularen in Anspruch zu nehmen, oder um Wäsche zu waschen. In der Norddeicher Straße haben sie einen Ort dafür. „Wir sind wie ein Café und für andere ein zweites Wohnzimmer“, erklärt Alma Nordwall. Für viele Menschen gehöre der Gang zum Tagesaufenthalt zum festen Ablauf eines Tages.

Die zahlreichen Angebote, die Nordwall und Pieper den Menschen bieten, werden auch derzeit aufrechterhalten. Allerdings in abgespeckter Form. Aufgrund der Corona-Pandemie dürfen nur neun Personen gleichzeitig den Tagesaufenthalt aufsuchen. „Wir haben so etwas wie ein Schichtsystem eingeführt“, sagt Helga Pieper. Das bedeutet, nach anderthalb Stunden müssen die Besucher wieder gehen. Dann werden die Plätze desinfiziert, der Raum gelüftet und anderen Personen die Möglichkeit gegeben, in ihrem Café oder Wohnzimmer Platz zu nehmen. „Wir wissen noch nicht genau, wie es werden soll, wenn das Wetter richtig schlecht wird und der Winter kommt“, sagt Pieper bedrückt. Sie und Alma Nordwall versuchen alles, um den Menschen, die auf den Tagesaufenthalt angewiesen sind, warme Räume anzubieten.

Besonders schade finden die Mitarbeiterinnen, dass die Veranstaltungen in diesem Jahr nicht stattfinden konnten. In jedem Jahr werden sonst Fußball- und Boßelturniere ausgerichtet. Auch sollte der 25. Geburtstag der Einrichtung groß im Zuge der "Woche der Diakonie" gefeiert werden - die musste aber aufgrund der Pandemie komplett abgesagt werden.

Für eine Veranstaltung haben Nordwall und Pieper die Hoffnung noch nicht aufgegeben: die Weihnachtsfeier. "Wir hoffen, dass wenigstens die stattfinden kann", so Pieper. An alternativen Konzepten wird derweil gefeilt, so sei das Strecken auf mehrere Tage mit kleinsten Gruppen möglich. "Festlegen können wir uns aber noch nicht." Sie wollen den Menschen, die es besonders brauchen, in dieser schwierigen Zeit ein wenig Unbeschwertheit zurückgeben. "Wir sind optimistisch gestimmt und geben die Hoffnung nicht auf", sagt Helga Pieper.

Mit herzlichem Dank an den OSTFRIESISCHEN KURIER (Text & Foto)!