"Miteinander ist uns vieles gelungen"

Hage, 15. November 2018

Ermutigender Kirchenkreistag zum Abschluss der Legislaturperiode 2013-18

Auf dem Tisch liegen die Liedzettel eines Vorstellungs-Gottesdienstes. Dabei müssen sich die gut 50 Mitglieder des Kirchenkreistages Norden bei ihrer Sitzung am Donnerstagabend wahrlich nicht mehr einander vorstellen. Sechs Jahre arbeiten sie bereits zusammen. Nun endet die Legislaturperiode. Superintendent Dr. Helmut Kirschstein zieht das Fazit: „Miteinander ist es uns gelungen, die Kirche spürbar voranzubringen und unsere Gemeinden erkennbar zu stärken.“ Der Nachwuchs der Gemeinden habe gefördert werden können und es sei erreicht, „die Kirche wenigstens im Ansatz für Jugendliche interessant und einladend zu machen“. Doch obwohl Rückschau und Dank verdienter Kräfte einen großen Teil der Sitzung einnehmen, werden auch gewichtige Beschlüsse gefasst.

53 der 75 stimmberechtigten Mitglieder des Kirchenkreistages (KKT)  Norden – er wird aus gewählten Mitgliedern der Kirchenvorstände der 20 Gemeinden des Kirchenkreises Norden gebildet – hatten sich im Gemeindehaus Hage zusammengefunden. Die Vertreter von Norderney und Baltrum konnten aufgrund anderer Termine nicht kommen. Bei dieser Sitzung votierten die anwesenden KKT-Mitglieder einstimmig für einen zunächst völlig unspektakulär klingenden Beschluss: Die Streichung des Paragraphen 9 Absatz 6 der Finanzsatzung. Doch hinter dem Beschluss steckt für die Gemeinden Bares. Dem Kirchenkreis wird eine größere Flexibilität gegeben. Kirchenkreisvorstand und Finanzausschuss prüfen deshalb ab sofort jährlich, ob und in welchem Umfang den Kirchengemeinden neben den Grundzuweisungen eine zweckfreie Sonderzuweisung gewährt werden kann. Schon in diesem Jahr zahlt sich der Beschluss im wahrsten Sinne des Wortes aus: Die vom Kirchenkreis ausgeschüttete Sonderzuweisung von 60.000 Euro bedeutet für jede der 20 Gemeinden mindestens 500 Euro als „Sockelbetrag“, außerdem gibt es pro Pfarrstelle noch einmal 500 Euro. Dazu wird für jedes Gemeindeglied 87 Cent gezahlt. Die Kirchengemeinde Hage, die mitgliederstärkste im Kirchenkreis Norden, erhält mit 7.490 Gemeindegliedern und drei Pfarrstellen danach 8.532,03 Euro. Für die Kirchengemeinde Siegelsum,  mit 118 Gemeindegliedern die kleinste, gibt es immerhin noch 602,91 Euro.

Ein weiterer Beschluss des KKT: Für den Zeitraum von 2019 bis 2024 wird eine zusätzliche 0,5-Pfarrstelle für Vertretungsdienste, insbesondere für Vakanzen, eingerichtet. Der Norddeicher Pastor Marten Lensch, erläuterte in seiner Funktion als Vorsitzender des Stellenplanungsausschusses, warum Kirchenkreisvorstand, Finanzausschuss und Stellenplanungsausschuss diesen Beschluss eingebracht haben. So werde es im Kirchenkreis Norden in den kommenden Jahren viele Pensionierungen geben. Und damit werde es auch einige Vakanzen geben. Denn nicht jede Stelle könne sofort besetzt werden. Die Pastorenstelle in Dornum sei in der Vergangenheit lange Zeit unbesetzt geblieben. Da sei deutlich geworden, „wie anstrengend die Vakanz“ sei. Gleichzeitig habe die Landessynode beschlossen, dass rückwirkend ab 1. Januar 2017 vakante Pfarrstellen ab dem Monat ihrer Vakanz nicht mehr verrechnet werden (das Geld für die zeitweise nicht besetzte Pfarrstelle also weiter in den Kirchenkreis fließt). Dieses Geld stünde dem Kirchenkreis zusätzlich zur Verfügung. Auf Basis der zu erwartenden Vakanzen und der voraussichtlichen Eintritte in den Ruhestand bei Erreichen der Regelaltersgrenze könne im Kirchenkreis Norden von 2019 bis 2022 mit mindestens 232.000 Euro Mehreinnahmen erwartet werden. Man rechnet pro Pfarrstelle mit 92.800 Euro pro Jahr – dieses entspreche einer 0,63 Pfarrstelle für vier Jahre, rechnete Lensch vor. Dies sei sehr vorsichtig, sehr konservativ gerechnet, bescheinigte Holger Dierks, Leiter des Kirchenamtes  Aurich, den Ausführungen. Der Kirchenkreistag stimmte einstimmig für diesen Beschluss.

Alle Ausschüsse hatten ihre eigene Jahresübersicht vorgelegt. Die jeweiligen Vorsitzenden erläuterten diese Papiere noch einmal kurz. Annegret Redenius forderte als scheidende Bauausschuss-Vorsitzende, die Zuweisungen für den Bau-Etat mindestens auf dem zuletzt erreichten Level zu halten: Über die Grundzuweisungen hinaus, die jede Gemeinde nach Größe und Baubestand bekommt, bleiben jährlich lediglich 250.000 € als Sondermittel übrig. Das sei nicht viel angesichts anstehender Großprojekte, etwa der dringend erforderliche Neubau eines Gemeindehauses in Marienhafe und die ebenso dringliche Erweiterung der Räumlichkeiten in der Norder Andreasgemeinde.

Einen inhaltlichen Schwerpunkt setzte die Vorstellung der aktuellen Situation in der Kirchenmusik: Kirchenkreiskantor Thiemo Janssen erläuterte die Maßnahmen im Rahmen des „klassischen“ Kreiskantorats und erläuterte auch die Arbeit der neu eingerichteten „Dezentralen Musik-Koordinatoren“ (DMK): In vier Regionen des Kirchenkreises organisieren und vernetzen vier bewährte Musikerinnen jetzt mit einem Sonderauftrag das musikalische Miteinander, erheben den Bedarf zusätzlicher Übungsstunden und Workshops, veranstalten gemeinsame Konzerte über die Grenzen der Kirchengemeinde hinaus. Ein weiterer Impuls ist ebenfalls neu: Das erst seit zwei Jahren eingerichtete Kirchenkreiskantorat für Popularmusik stellte der Superintendent anhand eines Berichts von Kantor Marc Waskowiak vor, der durch wichtige Verpflichtungen auf Norderney leider verhindert war. Waskowiak ist es gelungen, die Arbeit mit Bands und Gospels, insbesondere auch im Jugendbereich, erkennbar voranzutreiben. Der klassische wie der popularmusikalische Bereich haben im letzten Jahr einen höchst erfreulichen Aufschwung genommen, wie Superintendent Dr. Kirschstein dann auch in seinem Ephoralbericht betonte.

Mit der Kirchenmusik habe auch die Jugendarbeit Möglichkeiten gewonnen, die es im Kirchenkreis Norden so vermutlich noch nie gegeben habe: Durch Sondermittel aus dem Strukturanpassungsfonds III konnte erstmals ein zusätzlicher Regionaldiakon für die Gemeinden Arle-Berumerfehn-Großheide-Hage angestellt werden. Übrhaupt sei das Engagement für die Jugend und der Einsatz der Jugendlichen selbst ein Schwerpunkt des Jahres 2018 gewesen: Insbesondere die Mitarbeit des Kreisjugendkonvents beim kürzlichen „Tag für Kirchenvorstände und Kirchenkreistagsdelegierte“ sei außergewöhnlich – der Landessuperintendent habe davon gesprochen, dass es eine derartige Zusammenarbeit so wohl zum allerersten Mal in der Hannoverschen Landeskirche gegeben habe. Den „verblüffendsten Punkt“ hatte sich der Superintendent aber bis zum Schluss aufgehoben. In diesem Jahr habe er fünf jugendliche Lektorinnen und Lektoren in ihr Amt einführen können. Man könne gar nicht hoch genug wertschätzen, dass jetzt jetzt fünf junge Leute „im Alter von 18 bis 23 Jahren befähigt und beauftragt sind, auf der Kanzel zu stehen und Gottes Wort zu verkündigen“. Dr. Kirschstein: „Ein Engagement, das Mut macht!“

Weitere Schwerpunkte seines Rechenschaftsberichts bildeten die Jubiläumsfeiern zur 100. Bibelfliesenausstellung - unter Hervorhebung der besonderen Ehrungen für den "Bibelfliesenpastor" Kurt Perrey - und die Dokumentationsstätte Gnadenkriche Tidofeld. Kirschstein unterstrich die herausragende Anerkennung durch die Hannoversche Landeskirche, die dieser "einzigartigen" Einrichtung den Titel eines "Friedensortes" verliehen habe. Die damit verbundene Förderung habe zur Aufstockung der Leitungsstelle auf 100 % geführt. Insgesamt sei auch hier eine überaus erfolgreiche Arbeit zu beobachten, die sich bei einem Symposion mit den Gästen der ugandischen Delegation, ehemaligen deutschen Heimatvertriebenen und aktuellen Migranten besonders deutlich erwiesen habe. "Keine Übertreibung: Hier wuchs die neue Welt Gottes."

Zum Schluss gab es Blumen: Superintendent Dr. Helmut Kirschstein bedankte sich besonders beim Vorsitzenden des Kirchenkreistags, Theodor Weber, Ephoralsekretärin Andrea Kracke und Kirchenamtsleiter Holger Dierks für die "überaus gute Zusammenarbeit". Großen Applaus gab es für die Vorsitzenden aller fünf Ausschüsse, wobei die langjährigen Vorsitzenden Annegret Redenius und Otto Elend (Bau) und der ebenfalls scheidende Vorsitzende Pastor Marten Lensch (Stellenplanung) besonders gefeiert wurden.

Unter dankbarer Verwendung eines Artikels im OSTFRIESISCHEN KURIER, dem wir auch für das FOTO danken!