Uganda: Kritische Diskussion, konkrete Unterstützung

Kitgum / Gulu / Norden, 21. Januar 2018

Männerarbeit, HIV, Schulen, Flüchtlingslager: Norder Delegation in Uganda

Boßelkugeln für den neuen Bischof von Kitgum – ein besonderes Geschenk zur Amtseinführung. Aber auch an anderer Stelle wurde das typisch ostfriesische Sportgerät übergeben: Am Ende eines Treffens mit der Männerarbeit in Gulu erhielt die Leitung der „Fathers´ Union“ zu ihrer großen Freude ebenfalls mehrere Boßelkugeln. Die Norder Delegation schlug vor, man könne ja die Vertreter der anderen Diözese demnächst zum Wettkampf fordern. Und augenzwinkernd: Vielleicht wird auf diese Weise der Boßel-Sport in Uganda eingeführt? -

Da 6 von 7 Delegationsmitgliedern Männer waren und teils selber in der kirchlichen Männerarbeit aktiv sind, sollte diesmal ein besonderer Schwerpunkt auf den Treffen mit der „Fathers´ Union“ liegen. Tatsächlich kamen in Kitgum wie in Gulu zahlreiche Vertreter zusammen. Die kirchliche Männerarbeit im Norden Ugandas nimmt einen erkennbaren Aufschwung. War sie vor wenigen Jahren von den Zentralorten Gulu und Kitgum aus gestartet, hat sie sich nun auf die Dörfer ausgebreitet: Aus jedem Bezirk waren Delegierte erschienen, um mit dem Norder Team zu sprechen. Typische Herausforderungen wurden benannt, der Wille zum Engagement in Kirche und Gesellschaft war mit Händen zu greifen. Das ist in einem Land wie Uganda immer noch außergewöhnlich – denn normalerweise legen viele Männer die Füße hoch, lassen die Frauen für sich arbeiten, engagieren sich keineswegs für Dinge außerhalb des eigennützigen Interesses und geben sich schon am Vormittag dem Alkohol hin. Hier verspricht der Aufbruch dieser christlichen Männer nachhaltige Verbesserungen.

Kritisch wurde es, als ein Teilnehmer die Frage nach dem Verhältnis der deutschen Christen zur Homosexualität stellte. Er gab sofort zu erkennen, dass er die Entwicklung zu einer „Ehe für alle“ auf´s Schärfste verurteile, da es sich hier um abgrundtiefe Sünde handle. Für die Norder Delegation konnten Superintendent Dr. Kirschstein und Afrika-Referent Dr. Waffenschmidt von der Gossner Mission dann aber eine Öffnung der festgefahrenen Fronten bewirken: Beide argumentierten von Jesus Christus her, dem zuverlässige Beziehungen und tragfähige Liebe am Herzen lagen und der selber an keiner Stelle darauf beharrt, gleichgeschlechtliches Miteinander zu verurteilen. Um der Liebe willen könne sich auch eine Änderung traditioneller Vorstellungen nahelegen, wie ja offensichtlich auch die anglikanische Church of Uganda einmal althergebrachte Positionen aufgegeben habe und seit vielen Jahren Frauen im Pfarramt willkommen heiße. Erstaunlich, wie positiv diese Impulse aufgenommen wurden: Am Ende der intensiven Diskussion schien die Herzlichkeit größer als zuvor, und alle Seiten bestärkten sich, den weiteren Weg gemeinsam als Brüder zu gehen. Und vielleicht demnächst wieder in Ostfriesland zu boßeln, wie schon beim Besuch im Sommer 2018...

Dass Frauen einschließlich ihrer überaus aktiven „Mothers´ Union“ in Uganda sehr viel stärker aufgestellt sind, zeigt sich immer wieder beim Besuch der AIDS/HIV-Initiative in Kilak Corner. Auch diesmal führten sie wieder ein kleines Theaterstück auf, bei dem es um das respektlose Verhalten des Ehemannes angesichts der Infizierung seiner Frau ging. Das Engagement für Kleinprojekte scheint weiter gewachsen, offenbar gelingt es der Initiative nun, auch eigenes Geld zu erwirtschaften. Dennoch war auch hier die Freude groß, als die Norder Delegation eine Finanzspritze zur Unterstützung, etwa für dringend benötigte Medikamente, überreichte.

Ein Grundproblem in Uganda wie in Afrika überhaupt ist immer noch der mangelnde Zugang zur Bildung – oder auch die beschränkten Möglichkeiten zur Bildungsvermittlung in den längst bestehenden Schulen. Das Jabuloni Issoke Memorial College in Gulu beispielsweise zählt zu den besten Schulen im Lande – die 1.500 Schülerinnen und Schüler, für die eine IT-Ausbildung zum Curriculum gehört, müssen sich aber mit einem Dutzend teils veralteter PC´s begnügen. Hier könnte durch konkrete Unterstützung schnelle Abhilfe geschaffen werden, wie es bei einer anderen Schule gerade gelungen ist: Das Pumpensystem der Y.Y.Okot Secondary School war kürzlich zusammengebrochen, die 800 Schülerinnen dieses Internats hätten kilometerweite Wege auf sich nehmen müssen, um Wasser in schweren Kanistern herbeizuholen. Durch Initiative der Gossner Mission und Unterstützung durch den Norder Freundeskreis konnte umgehend eine mit zwei Solarmodulen betriebene Pumpe installiert werden. Unter dem Jubel hunderter Mädchen eröffnete Dr. Waffenschmidt diese Anlage nun auch offiziell. Über eine weitere Verbesserung der Wasserversorgung wird nachgedacht.

Beeindruckend auch der Besuch in der kirchlichen Grundschule von Gulu: Hier hat Schulleiterin Dolly Oryem einen Zweig für Blinde etabliert, der behinderten Kindern Würde vermittelt und echte Zukunftsperspektiven eröffnet. Mittlerweile arbeiten ehemalige blinde Schülerinnen als Lehrerinnen an dieser Schule. Ebenso engagiert erweist sich der mit Gossner-Mitteln erbaute Kindergarten in Agung, der bereits nach drei Jahren einen Erweiterungsbau bekommen soll. Auch eine bisher nur provisorische Grundschule könnte demnächst gebaut werden.

Wichtig bei den intensiven Begegnungen in den Diözesen, Gemeinden und Einrichtungen war der Norder Delegation der erstmalige Besuch im Flüchtlingslager Pagirinya. Hier hatten die Gossner Mission, die Landeskirche Hannovers und der Norder Freundeskreis über 40.000 € für die Grundversorgung der Flüchtlinge aus dem Südsudan gespendet. Tatsächlich war die Hilfe bitter nötig und ist auch gut angekommen, von den Partnern in Gulu zugeteilt. Allerdings fehlen den Menschen immer noch elementare Dinge des täglichen Lebens, und auch hier ist die Schulbildung angesichts fehlender Gebäude und Lehrer das größte Problem. Die Gossner Mission und der Freundeskreis Uganda im Kirchenkreis Norden werden sich darum bemühen, auch an dieser Stelle weiter zu helfen.