KKT: "Auf diese Kirche können wir stolz sein!"

Arle, 04. Dezember 2019

Sup. gibt Rechenschaft - Neuer Ausschuss zur Schöpfungsverantwortung

„Auf diese Kirche können wir stolz sein.“ Das sagte Superintendent Dr. Helmut Kirschstein in seinem Ephoralbericht vor dem Kirchenkreistag in Arle. Wie stets zum Jahresende, legte er Rechenschaft über die Arbeit des Kirchenkreisvorstands ab und ließ seinen Einsatz als geistlicher Leiter des Kirchenkreises Revue passieren. Angesichts zweier „medialer Super-GAUs“ der EKD – der kirchlichen Entwicklungs-Studie bis 2060 und der öffentlichen Infragestellung des Sonntagsgottesdienstes – stellte er fest: „Unser Kirchenkreis Norden ist und bleibt ein starkes Stück evangelischer Kirche“ – und dieses „starke Stück Kirche“ habe man im Jahr 2019 „weiter gestärkt“.

Diese Stärkung betreffe zunächst das Personal: Nie zuvor habe er als Superintendent so viele Pastoren und Pastorinnen einführen können wie in diesem Jahr. Alle Befürchtungen angesichts der Pensionierungswelle hätten sich also zerschlagen. Zu den sechs neuen Geistlichen kämen auch noch vier Lektorinnen und Lektoren hinzu, so dass das für Ende 2022 ausgegebene Ziel von 35 Laienpredigerinnen und Laienpredigern schon jetzt erreicht sei. Insbesondere die neu eingerichtete „Springer-Stelle“ biete „eine unglaubliche Entlastung und Bereicherung“. „Insgesamt werden wir jünger und weiblicher.“

Als besondere Stärkung hob Kirschstein die gewachsene ökumenische Zusammenarbeit hervor. Der erstmals mit sieben Konfessionen ökumenisch gefeierte Reformationsgottesdienst habe Zeichen gesetzt. Unter dem gemeinsamen Motto „Mehr Christus wagen“ stelle man sich „in unsrer immer kirchenferneren Gesellschaft miteinander stark auf“.

Eine besondere Stärkung habe auch die Kirchenmusik bedeutet, die 2019 durch mehrere Jubiläen besonders vielfältig ausstrahlte. So habe im Rahmen der Feierlichkeiten zum 300. Todestag Arp Schnitgers ein bemerkenswerter Orgelkurs „U30“ gleich 15 Nachwuchs-Organisten begeistert, und die „Orgelentdeckertage“ an der 400 Jahre alten Edo-Evers-Orgel in Osteel seien eine Attraktion für Grundschulkinder gewesen. Kirschstein lobte den Einsatz eines extra ins Leben gerufenen neuen Förderkreises für die nie dagewesene Osteeler Konzertreihe, wie auch den gelungenen Wechsel in der Leitung der Konzertreihe „Nachtorgel bei Kerzenschein“ in Dornum.

Strukturell habe sich der erst im Februar neu konstituierte Kirchenkreistag bestens aufgestellt. Alle Ausschüsse hätten ihre Arbeit „tatkräftig“ aufgenommen: „Es wird nicht nur verwaltet – es wird gestaltet.“ Das gemeinsame Motto laute „Inhalt vor Strukturen“. Darum habe sich der Kirchenkreisvorstand als Leitungsgremium bei seiner kürzlichen Klausurtagung auch dem Thema „Mission und Evangelisation“ gewidmet: „Wie erreichen wir die Menschen mit unsrer christlichen Botschaft neu?“ Miteinander werde es Gemeinde übergreifende Aktionen und Projekte geben.

In einer längeren Passage gab der Superintendent Einblick in die erfolgreiche Partnerschaftsarbeit des Kirchenkreises: Im Norden Ugandas habe man 2019 wieder zahlreiche Projekte realisieren können. In enger Zusammenarbeit mit der Gossner Mission sei es etwa gelungen, 36 Rollstühle an Bedürftige zu übergeben, einen Schlafsaal für Flüchtlingskinder zu errichten, eine Berufsschule mit einer Schreinerwerkstatt zu versehen und einen Kindergarten zum Familienzentrum auszubauen. Auch auf seiner ersten Indien-Reise als Stellvertretender Vorsitzender der Gossner Mission habe ihn die „Glaubensstärke unsrer Brüder und Schwestern“ schwer beeindruckt. Diese „besondere Inspiration“ gebe er „gerne weiter“.

Dass sich das „Standing“ der evangelisch-lutherischen Kirche vor Ort „deutlich verbessert“ habe, machte der Superintendent vor allem an der gesellschaftspolitischen Arbeit der Dokumentationsstätte Gnadenkirche Tidofeld fest. Als einer von acht offiziellen „Friedensorten“ der Hannoverschen Landeskirche gingen bei mehreren Veranstaltungen Impulse gegen das Erstarken des Rechtsradikalismus aus. Ein besonderes Augenmerk galt 2019 der aktuellen Seenotrettung im Mittelmeer. In dieser Perspektive verortete Dr. Kirschstein seinen Einsatz als Schirmherr der Aktion „Norden rettet“ und sein Engagement im Rahmen der Veranstaltung „Fridays for Future“, aber auch beim Festakt zum 100-jährigen Bestehen des Heimatvereins Norderland: „Heimat“ sei der elementare Begriff für ein Menschenrecht – diesen Begriff überlasse man als Kirche nicht den „braunen Schreihälsen“. Angesichts mancher Kritik des gesellschaftspolitischen Einsatzes wies der Superintendent aber auch nachdrücklichen auf den umfassenden Einsatz der Diakonie hin. „Armut in Deutschland“ habe man stets im Blick. Allerdings frage die Kirche nicht nach Hautfarbe oder Herkommen: „Immer sehen wir den Menschen im Mittelpunkt, weil unser Gott im Menschen Jesus Christus zur Welt gekommen ist.“

Bei seiner 3. Sitzung 2019 hatte der Kirchenkreistag zuvor die Berichte der 6 Ausschüsse entgegengenommen. Teilweise kam es zu Nachnominierungen, die alle einstimmig erfolgten. Laura Götze (23) aus Hage wurde, wiederum einstimmig, der Landeskirche zur Berufung in die neu zu bildende Synode vorgeschlagen. Und ein weiterer Ausschuss wurde ganz neu ins Leben gerufen: Auf Vorschlag des Kirchenkreisvorstands wird es jetzt einen Ausschuss für „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ (Arbeitstitel) geben, in dem etwa die aktuellen Fragen zu Ökologie, Nachhaltigkeit und Klimaschutz, aber auch zum menschenwürdigen Umgang mit Migranten und zur Unterstützung der Seenotrettung im Mittelmeer ein Forum finden. Spontan erklärten sich sieben Delegierte zur Mitarbeit bereit.