Abschied und Aufbruch

Norden, 22. August 2012

Fusion: Kirchenkreisamt Norden geschlossen - 6 Mitarbeiter gehen nach Aurich

Im Kirchenkreisamt Norden herrscht Aufbruchstimmung: Viele    Schränke sind bereits leer und auf den Fluren stehen gepackte Kartons. Seit 1987 hat die Verwaltungseinrichtung des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Norden hier im Haus Am Markt 66 ihr Domizil, doch nun wird sie geschlossen. Damit verliert die Stadt Norden erneut einen Amtssitz.

Grund dafür ist die Zusammenlegung der Ämter Aurich, Norden und Wittmund zum neuen Kirchenamt Aurich/Ostfriesland (wir berichteten). Die Aufgaben für den    Kirchenkreis Norden werden jetzt von dort aus erledigt. Sechs der neun Mitarbeiter ziehen nach Aurich um. Am 3. und 4. September wandern die letzten Ordner und Unterlagen in die Kartons, und am 5. September kommt der Möbelwagen.

Amtsleiter Martin Nörder und sein Stellvertreter Karl Davids werden nicht mitgehen. Sie setzen sich zur Ruhe. „Wir haben uns nicht nur gegen die Zusammenlegung insgesamt gewehrt, sondern auch dagegen, kurz vor der Pensionierung noch nach Aurich versetzt zu werden“, berichtet Nörder. Die Landeskirche habe ihnen dann die    Möglichkeit der Altersteilzeit-Regelung angeboten. „Das haben wir in Anspruch genommen – und jetzt endet unsere aktive Phase“, sagt er.

Der Umzug  sei zunächst zum Ende des Jahres ge­plant gewesen. „Weil wir ihn aber noch begleiten sollen, wurde er vorgezogen“, erklären Nörder und Davids. Im September würden beide der Verwaltung in Aurich noch zur Verfügung stehen, „allerdings ohne Sacharbeit zu leisten“. „Wir haben schon in den letzten zwei Jahren eng mit der Auricher Leitungsebene zusammengearbeitet und schon mehrfach dort gesessen“, sagen sie.

Seit 1950 gibt es das Kirchenkreisamt in Norden. Zunächst fungierte es als Rechungsführungsamt für die einzelnen Kirchengemeinden. Danach wurde es zum Kirchlichen Rentamt, dann zum Kreiskirchenrentamt und Kreiskirchenamt, bis es die Bezeichnung Kirchenkreisamt erhielt. Die Einrichtung in Aurich trägt den Titel Kirchenamt Aurich / Ostfriesland.

Wie so oft, sind mit der Fusion Sparmaßnahmen verbunden. Nörder und Davids bezweifeln allerdings, dass die Einsparungen mit der Zusammenlegung wirklich so groß sind. Bis 2012 sollten nach dem Willen der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover zehn Prozent der Kosten eingespart werden und bis 2016 weitere zehn Prozent. Dies werde vermutlich auch dem neuen Kirchenamt in Aurich nicht gelingen, denn inszwischen sei der Buchführungsstil von der    kameralistischen auf die doppelte Buchführung (Doppik) umgestellt worden, „und bei der Doppik sind allein 1,2 bis 1,7 zusätzlich Kräfte nötig“. Hinzu komme das neue Gebäude mit rund drei Millionen Euro.

Die Umstrukturierung der Kirchenkreisämter in Ostfriesland habe sich seit etwa fünf Jahren abgezeichnet. „Die Ostfriesen haben die Umsetzung aber lange rausgezögert“, erläutert Davids. „Auch wir in Norden haben alles unternommen, um die Fusion zu verhindern, und wurden dabei sehr vom gesamten Kirchenkreis unterstützt“, sagt er, und Nörder fügt hinzu: „Wir meinen, dass das Amt hier ganz gut bestehen kann. Die Mitarbeiter sind motiviert, gut weitergebildet und daher hoch qualifiziert, sodass wir die Vorgaben der Landeskirche auch hätten erfüllen können.“ Aber letztlich sei die Zusammenlegung mit Aurich nicht zu verhindern gewesen.

Das Ehrenamt werde auch darunter zu leiden haben, weil der persönliche Kontakt künftig fehle. „Wenn man Ausschüsse für den Kirchenkreistag vorbereitet, dann sind bisher die Vorsitzenden zum Beispiel ins Büro gekommen, um die Details zu besprechen. Nach Aurich werden sie jetzt sicherlich nicht fahren“, betont Nörder. Auch für die Inselvertreter von Juist, Norderney und Baltrum werde die Umstrukturierung Probleme mit sich bringen. „Wenn bisher jemand von Norderney in Norddeich ankam, haben wir den oft schnell mit dem Auto abgeholt. Das geht von Aurich aus nicht“, sagt er.

Das Argument, man könne heute vieles per E-Mail-Kontakt erledigen, gelte ebenfalls nicht, meint Nörder, denn bei vielen Dingen sei das persönliche Gespräch wichtig, wie bei Stellenplanungen. „Man kann auch keinen Bau- oder Finanzausschuss per E-Mail vorbereiten und abwickeln.“

Das Büro der Ludgeri-Gemeindesekretärin, die bislang ebenfalls ihren Platz im Haus Am Markt 66 hatte, ist bereits leer. Sie hat jetzt ihren Sitz im Gemeindehaus, Norddeicher Straße. Das Gebäude, das dem Kirchenkreis Norden gehört, wird derzeit vermarktet und soll vermietet werden. „An einen Verkauf ist derzeit nicht gedacht“, sagt Nörder. Das große Objekt eigne sich insbesondere für Büros oder auch als Schulungs- und Therapiezentrum. „Wir haben hier viele Leichtbauwände, die man bei Bedarf schnell entfernen kann, um die kleinen Räume in einen großen Saal zu verwandeln“, berichtet er. Ein Vorteil sei ferner, dass das Haus mit Treppenlift, speziellem Eingang und automatisch zu öffnende Türen behindertengerecht ausgestattet sei.

Der Kirchenkreis Norden bleibt in seiner Eigenständigkeit bestehen. Allerdings gewinnt er die Gemeinden des Brookmerlands (Marienhafe, Rechtsupweg, Leezdorf, Osteel, Siegelsum) und Leybuchtpolder, die bislang zum Kirchenkreis Emden gehörten, hinzu. Ende 2012 wird der Kirchenkreis Emden dann aufgelöst, so dass die Emder Stadtgemeinden wie auch die Gemeinden Pewsum und Woquard Leer zugeordnet werden.

Info-Kasten: "Kirchenkreisamt"

Das Kirchenkreisamt Norden arbeit ähnlich wie eine kommunale Kreisverwaltung, allerdings ohne Organstellung. Es ist für die Vermögens-, Grundstücks- und Bauverwaltung zuständig. Schwerpunkte sind Kindergärten und Friedhöfe. Außerdem erledigt das Amt Verwaltungsaufgaben für Einrichtungen des Kirchenkreises wie    Tagespflege, psychologische Beratungsstelle, Entschuldungsberatung und Ähnliche.

Unter dankbarer Verwendung eines Artikels im OSTFRIESISCHEN KURIER vom 22.8.2012