Gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung tragen

Norden-Tidofeld, 20. Juni 2017

BBS Conerus: Erste Kooperation zwischen einer Schule und Doku´stätte Tidofeld

Dr. Helmut Kirschstein spricht von einer„Win-win-Situation“, also von einer Vereinbarung, von der beide Seiten profitieren. Der Superintendent des Kirchenkreises Norden setzte – gemeinsam mit Schulleiter Volker Cammans – seine Unterschrift unter einen Kooperationsvertrag zwischen der Dokumentationsstätte Gnadenkirche Tidofeld und der Conerus-Schule Norden. Die berufsbildenden Schulen wollen die Dokumentationsstätte stärker als einen Lernort außerhalb der Schule nutzen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten freien Eintritt in die Einrichtung, dafür zahlt die Schule einen Pauschalbetrag an die Dokumentationsstätte. Für den Trägerverein der Dokumentationsstätte Gnadenkirche, deren Vorsitzender Kirschstein ist, ist es die erste Kooperation dieser Art. Die Conerus-Schule arbeitet auf gleicher Basis bereits mit dem Ostfriesischen Teemuseum zusammen.

Flucht, Vertreibung und Integration seien hochaktuelle Themen. „Das sieht man schon an der Schülerstruktur unserer Schule“, so Cammans. Aber auch der Lehrplan in Politik, Geschichte oder Religion greife die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen auf. In der Dokumentationsstätte würden abstrakte Fakten mit Gesichtern, mit den Lebensgeschichten von Menschen verbunden. „Geschichte wird greifbar und begreifbar“, sagte Cammans. Das sei ihm und seinen Kollegen sehr wichtig, werde dadurch doch auch das Verständnis geweckt. Durch die Kooperation und damit einem leichteren Zugang werde die Hemmschwelle gesenkt. Schülerinnen und Schüler sollen die Dokumentationsstätte im Klassenverbund, in Gruppen, aber auch als Einzelpersonen bei Recherchen unentgeltlich besuchen können.

Dafür biete sich die Dokumentationsstätte geradezu an, betonte Dr. Helmut Kirschstein.„Die Zusammenarbeit mit Schulen war von Anfang an ein ganz wichtiger Schwerpunkt.“ Schulklassen aus ganz Ostfriesland und sogar aus Oldenburg haben das Angebot, in Norden einen etwas anderen Unterricht zu erleben, bereits genutzt. Dafür stehen nicht nur ein Seminarraum zur Verfügung, sondern eine Ausstellung, in der die Betroffenen selbst zu Wort kommen. Über Bildschirme mit moderner Touchscreen-Technik können diese Interviews abgerufen werden. „Oder Zeitzeugen kommen dazu, wenn wir Schulklassen da haben und berichten von ihren Fluchterfahrungen“, ergänzt Anne Jakobs, Geschäftsführerin der Dokumentationsstätte. Das sei immer sehr interessant für die Schüler.

Cammans bestätigt, die Ausstellung sei pädagogisch sehr gut aufgebaut und nutze die modernen Medien, mit denen sich die Zielgruppe beschäftigte. Kirschstein hofft, dass das Beispiel der Conerus-Schule Schule macht. „Sie hat damit einen Doppelpunkt gesetzt.“ Die pädagogische Arbeit und die Mediennutzung sollen weiter verstärkt werden. Unter anderem sollen in Kürze sogenannte QR-Codes (Quick response) ihren Weg in die Ausstellung finden. Diese können mit Smartphones eingelesen werden und leiten den Nutzer auf die Internetseite der Dokumentationsstätte, wo er weitere Informationen zum jeweiligen Thema finden soll. Außerdem, so Kirschstein, laufe die Ausschreibung für eine hauptamtliche pädagogische Leitung, die ergänzend zur Geschäftsführerin unter anderem pädagogische Konzepte für die Arbeit mit Schulklassen entwickeln soll.

Sowohl die Dokumentationsstätte als auch die Berufsbildenden Schulen würden eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe übernehmen, so Kirschstein weiter, indem sie das Bewusstsein, was Flucht, Vertreibung und Integration für die Betroffenen und die integrierende Gesellschaft bedeuteten, wachhielten. Dokumentationsstätte wie Schule gehe es um „die Aufarbeitung der Historie mit Blick in die Gegenwart“. Auch Volker Cammans zeigte sich optimistisch: Er hoffe, dass die Kooperation ein Erfolg werde, hege aber gleichzeitig keinen Zweifel daran. Die Conerus-Schule habe bereits positive Erfahrungen mit dem Teemuseum sammeln können.

Veröffentlicht mit Dank an den OSTFRIESISCHEN KURIER (Text)!