Ökumenisches Fest: "...auf Christus sich zu gründen"

Leezdorf, 21. Juni 2015

Leezdorf: Erster Gottesdienst von Neuapostolischer und Evangelischer Kirche

War es ein Zeichen des Himmels? Als der Norder Superintendent Dr. Helmut Kirschstein zur Predigt ansetzte, rissen die Wolken auf und Sonnenlicht überflutete den Platz zwischen beiden Leezdorfer Kirchen. Zum ersten Mal überhaupt feierten Evangelisch-lutherische und Neuapostolische Gemeinde ein gemeinsames Gemeindefest, zu dessen Auftakt knapp 300 Menschen beider Konfessionen sich „open air“ zu einer gottesdienstlichen Andacht versammelt hatten. Vermutlich betraf diese Premiere nicht nur den Kirchenkreis Norden, sondern ganz Ostfriesland – ein gleichsam historisches ökumenisches Ereignis, wie die Verantwortlichen beider Seiten dankbar feststellten.

Die Planungen für dieses Ereignis gehen schon auf den Herbst 2014 zurück: Im Zuge seiner ersten Visitation in Leezdorf hatte der Norder Superintendent um die Begegnung mit der Neuapostolischen Gemeinde gebeten, mit der die Lutheraner seit über 30 Jahren als unmittelbare Nachbarn dieselbe Straße teilen. Seinerzeit wurde die evangelische Besuchergruppe durch die Anwesenheit des neuapostolischen Bischofs Thorsten Beutz überrascht, der extra aus Wilhelmshaven angereist war. Das Gespräch entwickelte sich derart vertrauensvoll, dass konkrete Schritte zur Entwicklung eines ökumenischen Miteinanders vereinbart wurden.

Am Johannis-Sonntag war es so weit: Gemeinsam gestalteten der neuapostolische Gemeindeleiter, Evangelist Albert Ulrichs, der für Ostfriesland zuständige Bezirksevangelist Udo Eilts (Großefehn), der lutherische Leezdorfer Gemeindepastor Peter Riesebeck und Superintendent Dr. Kirschstein die Andacht, die nach evangelischem Verständnis einem Gottesdienst gleichkam. Der Norder Superintendent stellte die Gestalt Johannes des Täufers in den Mittelpunkt: Er zeichne sich vor allem dadurch aus, dass er „mit aller Kraft“ von sich weg und auf Jesus Christus hin weise. Diese Einstellung sei vorbildlich für beide Kirchen: Es müsse darum gehen, immer mehr von sich selbst – von den den eigenen Traditionen – abzusehen und immer mehr auf Christus hinzublicken. Das sei die entscheidende Idee der Reformatoren gewesen, und eben diese Bewegung wollten doch auch die Apostel vollziehen - „die alten Apostel zu biblischen Zeiten, und die neuen Apostel im 19. Jahrhundert sicherlich auch“. Dementsprechend sang die versammelte Gemeinde im Anschluss den Choral „Such, wer da will, ein ander Ziel...“, der sich im Evangelischen wie im Neuapostolischen Gesangbuch findet und Jesus Christus als das gemeinsame Zentrum unterstreicht: „Mein Herz allein / bedacht soll sein / auf Christus sich zu gründen...“

Der Posaunenchor Leezdorf/Osteel begleitete die Choräle und trug durch sein erfrischendes Spiel zur Andacht bei. Beeindruckend präsentierte sich der große gemischte Chor der Neuapostolischen Gemeinde, deren Männerchor ebenfalls überzeugen konnte. Einen Höhepunkt bildete sicherlich der Augenblick des gemeinsamen Gebets aller vier Gottesdienstleiter.

Das anschließende Gemeindefest bot beste Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen. Bunte Buffets mit Salaten und Kuchen hatten Vertreterinnen beider Gemeinden zusammengestellt, und der Duft von Bratwurst motivierte zum gemeinsamen Essen. Zahlreiche Leezdorfer beider Konfessionen nutzten die Chance zum informativen Besuch der jeweiligen Nachbarkirche, deren Charakteristika durch Erzählungen zur Gemeindeentwicklung und die Präsentation baulicher Besonderheiten vorgestellt wurde. Für die Kinder waren Hüpfburg und weitere Spiele ein Magnet, Jugendliche spielten auf dem Rasen zwischen beiden Kirchen Fußball. Der Erlös des gesamten Festes wird einvernehmlich dem dritten Anlieger des Farnwegs zugutekommen: der Grundschule.

Alle Geistlichen freuten sich miteinander über die gute Resonanz. Auch wenn es in einzelnen Fällen zu skeptischen Reaktionen in beiden Gemeinden gekommen sei, solle die Veranstaltung vom Johannistag 2015 den Auftakt für eine wachsende Zusammenarbeit bilden – nicht nur in Leezdorf.