Ein offenes Ohr für Probleme der Landwirtschaft

Nesse, 11. März 2015

Kirchenkreiskonferenz besucht Bauernhöfe in Nesse

Monatliche Kirchenkreiskonferenz einmal anders: Das Treffen aller Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone des Kirchenkreises Norden entwickelte sich diesmal zur Ortsbesichtigung auf dem Lande. Angestoßen durch die derzeit laufende Visitation in Nesse, nahmen gut 25 Kirchenleute die Einladung der Nessmer Landwirte an und besuchten die Höfe von Karl Noosten und Theodor Aissen.

Das es dabei auch um aktuelle Fragen und Probleme gehen würde, war von Anfang an klar. Karl Noosten, Kreisverbandsvorsitzender Norden-Emden des Landwirtschaftlichen Hauptvereins (LHV), stellte zunächst das Landvolk vor. 5200 Miglieder in 2100 Betrieben werden von 140 Mitarbeitenden begleitet und beraten. Dabei ginge es längst nicht nur um landwirtschaftliche Ratschläge, sondern auch um Steuerberatung und ein eigenes Maklerbüro. Ein Teil der aktuellen Probleme führt Noosten auf die unsachliche Darstellung der Landwirtschaft in den Medien zurück, die ihrerseits bestimmte landwirtschafts-kritische Perspektiven der Politik aufnehme. Als beispiel nannte er die angebliche Belastung des Trinkwassers durch die Landwirtschaft, die er in Ostfriesland auf "zwei bekannte Brunnen" einschränken könne. Düngung erfolge längst höchst verantwortlich. Überhaupt bemühe man sich um ein gutes Verhältnis zu den Naturschutzverbänden und biete sich als deren Partner an.

Beim Besuch auf dem Hof Aissen - er ernährt drei Familien - gewannen die Konferenzteilnehmer lebendige Einblicke in den Stand der Milchwirtschaft: 70 Kühe stehen hier in einem vollautomatisierten Laufstall, der den Tieren erstaunlich viel Raum gewährt und ihnen auch sonst jede Menge Freiheit lässt: Jede Kuh besucht nach eigener Notwendigkeit und eigenem "Zeitplan" die Melkmaschine, deren Adapter laser-gesteuert jede einzelne Zitze des Euters erfasst. Während des Melkvorgangs wird das Tier gewogen, sämtliche Daten auf den angeschlossenen Computer überspielt, so dass etwaige Krankheiten oder Einschränkungen sofort ersichtlich sind. Theodor Aissen erläuterte anhand von Schaubildern aber auch die Entwicklung in der Landwirtschaft seit etwa 1950. Dramatische Veränderungen beträfen die Betriebsgrößen ebenso wie die Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung.

Etwa die Hälfte ihres Einkommens generieren die Landwirte über europäische Subventionen. Eine Wissenschaft für sich - sollten bestimmte Formulare nicht richtig ausgefüllt sein, verlieren die Bauern auf einen Schlag einen Großteil des Ihnen eigentlich zustehenden Geldes. Im Gegenzug verpflichten sich die Landwirte beispw., ein bestimmtes "Greening" durchzuführen, also bestimmte Landstreifen unbebaut zu lasen und dem Naturschutz zur Verfügung zu stellen.

Der Hof von Karl Noosten ist auf Ackerbau ausgerichtet. Er beherbergt lediglich eine Herde von 22 Rindern einer französischen Rasse, die als Schlachtvieh dient. Der Hof befindet sich seit 1863 in Händen der Familie Noosten. Dass der Landwirt hier eine Zukunft sieht, zeigte er, indem er die versammelten Theologen in seine "gute Stube" einlud: Hier hat er begonnen, den alten Gulfhof zu renovieren und die Räume zu vergrößern. Ein herrlicher Blick über die weite Landschaft vom bullernden Kachelofen aus lässt fast vergessen, dass die bäuerliche Landwirtschaft heute vielleicht so bedroht ist wie nie zuvor.