Flüchtlinge: "Zwischen Risiko und Sicherheit"

Norden, 18. Oktober 2015

"Männersonntag" mit Eritreischen Christen - Liturgischer Tanz und Interviews

"Männer zwischen Risiko und Sicherheit" - so lautete 2015 das Thema des EKD-weit gefeierten Männersonntags. Bereits zum 13. Mal wurde der Gottesdienst in Norden vom Männerkreis Ludgeri vorbereitet - zum ersten Mal allerdings mit ausländischer Beteiligung: Superintendent Dr. Helmut Kirschstein hatte den Chor der eritreisch-orthodoxen Gemeinde eingeladen. Im Interview erzählten einige Eritreer über ihre Flucht "zwischen Risiko und Sicherheit".

Das Thema lege es nahe, in diesem Jahr die Situation der Flüchtlinge in den Blick zu nehmen, so der Superintendent. Der liturgische Chor trat in prächtigen, mit Gold bestickten blau-weißen Gewändern an. Auch der junge Priester Semere und der Diakon Abrahale waren beteiligt. Insgesamt feierten rund 20 Eritreer erstmals einen lutherischen Gottesdienst in Ludgeri. Darunter waren auch einige junge Frauen, die sogar im Chor mitsangen und -tanzten. Die Bewegungen im Gegenüber aufeinander zu, wiegende Gesten mit den Armen und hinab in die Hocke, erschlossen sich den Gottesdienstbesuchern allerdings kaum. Viele zeigten sich gleichwohl beeindruckt von den als "exotisch" empfundenen Beiträgen. Auch die sprachliche Barriere war noch hoch, obwohl zwei der jungen Männer sich schon recht gut verständigen konnten und Übersetzungshilfe leisteten. Als die Rede auf dramatische Ereignisse während der Flucht kam, schlugen einzelne Eritreer tief betroffen die Hände vor´s Gesicht: Nicht nur während der Überfahrt über das Mittelmeer, auch schon auf dem gefährlichen Weg durch die Sahara seien viele ihrer Brüder und Schwestern ums Leben gekommen. Hier in Deutschland - und dabei huschte ein Lächeln über die Gesichter - fühle man sich aber endlich sicher. Sie alle seien sehr dankbar für das freundliche Willkommen und die spürbare Unterstützung.

Ein sieben-köpfiges Team des Ludgeri-Männerkreises beteiligte sich mit Lesungen und Gebeten. In seiner Predigt hob Superintendent Dr. Kirschstein hervor, dass die typisch männliche Neigung zum Extrem - einerseits hohe Risikobereitschaft, andererseits massives Sicherheitsstreben - den eritreischen Flüchtlingen womöglich geholfen habe, ihr gefährliches Unterfangen durchzustehen. Ihr christlicher Glaube trage entscheidend dazu bei, dass seelische Wunden heilen könnten. Eine "letzte Sicherheit" gebe es nur im Vertrauen auf den "Gott der Liebe und der Gerechtigkeit und des Friedens". Dieses Vertrauen mache Mut, das Risiko für eine "menschlichere Welt" einzugehen.

Im Anschluss an den Gottesdienst kam es zu einem denkwürdigen"Frühschoppen" im Sitzungsraum der Ludgerikirche: Esrtmals versammelten sich hier Eritreer und Deutsche bei Wasser und Wein. Die Verständigung im völlig überfüllten Raum gelang erstaunlich gut, und die Anwesenden waren sich einig: Dies war nur der erste Schritt auf dem Weg eines neuen Miteinanders.