Uganda: Ein Paradies zwischen Armut und Hoffnung

Gulu / Kitgum / Norden, 26. Januar 2011

"Historischer" Besuch eines 15-köpfigen Männer-Teams des Kirchenkreises

Die Partner zeigten sich begeistert, die Delegation tief berührt: 12 Tage lang eröffneten sich einer 15-köpfigen Delegation der Kirchenkreis-Männerarbeit bewegende Einblicke in das Leben und Glauben Ugandas. „Historisch“ nannten die Vertreter der Diözesen Nord-Uganda (mit Sitz in Gulu) und Kitgum die Visite, die von gottesdienstlichen Feiern und zahlreichen Begegnungen auf allen Ebenen der anglikanischen „Church of Uganda“ geprägt war. Dörfer und Städte, Kirchengemeinden und ihre geistliche Leitung wurden besucht. Aber auch die faszinierende Tierwelt der „Perle Afrikas“ und die paradiesisch anmutende Landschaft beeindruckten die Norder tief. Andererseits waren die immensen Probleme der Bevölkerung nicht zu übersehen. Fragen der Hilfe beim Aufbau von Kirche und Gemeinde, die dringend erforderliche Weiterentwicklung von Schule und Gesundheitswesen, Infrastruktur und Wirtschaft spielten eine ständige Rolle.

In Zusammenarbeit mit dem ugandischen Ingenieur und Geschäftsmann Peter Nyeko war die Reise vom Beauftragten der Männerarbeit im Kirchenkreis Norden, Folkert „Folly“ Seeba, organisiert worden. Superintendent Dr. Helmut Kirschstein übernahm die geistliche Leitung und hatte die Gelegenheit zu zahlreichen Grußworten und Andachten. Mitten im ehemaligen Bürgerkriegsgebiet hielt er in den Dörfern Paloga und Padibe vor 500 Menschen die Predigt. Während Gerd Willamowski aus dem Englischen ins Deutsche übersetzte, nahmen die anglikanischen Partner die Übersetzung in die Sprache der Acholi („Luo“) vor. Auf große Resonanz stießen auch die deutschen Choräle, mit denen die Norder vierstimmig zum Gottesdienst beitrugen. „Lobe den Herren“ wurde anschließend parallel auf Deutsch und Luo gesungen – sicherlich eine Premiere, die entsprechend beeindruckend ausfiel.

Eine Premiere war offensichtlich auch die große Zahl der Besucher: „Wir können uns nicht erinnern, jemals so viele Weiße in unsrer Region zu Gast gehabt zu haben“, sagte Bischof Benjamin Ojwang (Kitgum), der die „historische“ Bedeutung auch an diesem Faktum festmachte. Umso deutlicher bewiesen die Ugander ihre Gastfreundschaft: „Bei jeder Ankunft in den Dörfern und Kirchengemeinden wurde unser Erscheinen regelrecht gefeiert“, so Folkert Seeba. Stets wurden die Begegnungen mit einem Festmahl verbunden, immer war fröhliche Musik dabei. Und immer wurden auch die Probleme angesprochen. Zahlreiche „Memoranden“ mit Krisenbeschreibung und Hilfswünschen wurden dem Superintendenten in die Hand gedrückt. „Besonders erschüttert hat uns das tapfere Auftreten einer Frauen-Selbsthilfegruppe, die sich durch Gesang und Theaterspiel mit der AIDS-Erkrankung auseinandersetzten,“ erzählt der Norder Superintendent. „Da hatten viele von uns Tränen in den Augen.“ Erstaunlich war die große Fröhlichkeit der Kinder, die trotz bitterer Armut ihr Lachen nicht verloren haben. Immer wieder wurden die Norder zu Fotos ermuntert, mussten Hände schütteln und erlebten allein dafür schon große Dankbarkeit.

Der gesamte Besuch stand im Zeichen des „Encouragement“: „Ermutigung ist das, was die Menschen nach 20 Jahren Bürgerkrieg und grausamster Traumatisierung am Nötigsten brauchen“, sagt Kirschstein. Der Altbischof von Kitgum, Macleord Ochola Baker, der die Delegation bis zum letzten Tag begleitete, sprach sogar von der einzig möglichen „Therapie“, die die Menschen durch das gemeinsame Feiern von Gottesdiensten erfuhren. Ganz offensichtlich – so der Eindruck der Norder – spielen die Kirchen die entscheidende Rolle bei der Bewältigung der immensen seelsorgerlichen wie sozialen Probleme im Norden Ugandas. So entschied sich die Delegation, einen grundlegenden Betrag für den Bau einer Kirche in Agung zu spenden: Hier hatten vor gut 100 Jahren die ersten weißen Missionare den Boden des Acholi-Landes betreten und mit dem christlichen Glauben auch wirksame Medikamente gegen die Malaria-Krankheit gebracht. Unvergesslich bleibe der Moment, als Bischof Johnson Gakumba (Gulu) an dieser historischen Stätte niederkniete, um mit ugandischen und deutschen Christen gemeinsam zu beten, sagt Folly Seeba: „Wie dankbar man hier an die ersten weißen Christen zurückdenkt, hat uns schwer beeindruckt.“

Auch der Neubau einer großen Kirche in Paloga wurde von den Nordern mit einer Spende für die fehlenden Fenster und Türen unterstützt, Geld, das von der Delegation spontan noch einmal erheblich aufgestockt wurde. Außerdem brachten die Männer drei „Tricycles“ mit in den hohen Norden, also dreirädrige Fahrräder, die zum Lastentransport in dem entlegenen Landstrich dringend gebraucht werden. Selbstverständlich könne man nicht alle Lasten teilen und sämtliche Hilfsanliegen befriedigen, sagt Kirschstein. „Wir werden aber in den nächsten Wochen weitere Kontakte zu deutschen Hilfsorganisationen knüpfen, um unsere freundschaftliche Verbindung mit der Kirchenleitung zum Aufbau eines Netzwerks für Nord-Uganda zu nutzen“, sagt der Norder Superintendent.

Er denkt dabei vor allem an „Brot für die Welt“ und die staatliche Deutsche Entwicklungshilfe, die schon jetzt in Gulu präsent ist. Noch vor Beginn der Reise hatte sich die Delegationsleitung mit Eckhard Heine vom DED / GIZ (Deutscher Entwicklungsdienst, neuerdings Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) in Norden getroffen. Der Experte für Berufsschul-Aufbau nahm daraufhin in Gulu an den Gesprächen teil, die die Norder mit einem Verband christlicher Geschäftsleute führten.

Auch in anderer Hinsicht konnten die Norder vor Ort schon etwas bewegen: In Gulu, der zweitgrößten Stadt Ugandas, nahmen sie als Ehrengäste an der feierlichen Einführung der neuen Männerarbeit teil, die der Bischof von Gulu durchführte. Der Bischof von Kitgum war bei seinem Besuch in Norden überhaupt erst in dem Gedanken bestärkt worden, eine eigene Männerarbeit in seiner Diözese aufzubauen. So nutzte er jetzt den Besuch der deutschen Partner, um die neuen Männerkreise feierlich einzuführen. In drei Orten begleiteten die Norder Männer diese Zeremonie, bei der jedes Mal Superintendent Dr. Kirschstein die Einsegnung vornehmen durfte.

In bester Erinnerung werden sicherlich auch die Eindrücke einer „Safari“ durch den Murchison Falls National Park und der Besuch eines Rhinozeros-Reservats bleiben. Die vielfältige Tierwelt samt Giraffen, Elefanten, Nashörnern und Löwen in freier Wildbahn unterstreicht den Eindruck eines „reich gesegneten Landes“: „Wenn es den Ugandern gelingt, den zerbrechlichen Frieden zu bewahren, hat das Land gute Perspektiven zur Weiterentwicklung“, sagt der Norder Superintendent. Um weitere Begegnungen und konkrete Hilfsmaßnahmen zu planen, soll sich in Kürze ein „Freundeskreis Uganda“ auf Ebene des Kirchenkreises Norden bilden. Zur Mitarbeit sind Männer und Frauen jeden Alters eingeladen. Wer Interesse daran hat oder Anregungen geben möchte, kann sich unter Tel. 189760 in der Superintendentur melden. Spenden unter dem Stichwort „Hilfe für Uganda“ sind über das Konto des Kirchenkreisamts 860 5345 100 (BLZ 283 200 14) bei der OLB Norden möglich. Ein Bild-Vortrag wird im Männerkreis Ludgeri am 10. Februar stattfinden, eine für Gemeinde und Kirchenkreis offene Veranstaltung folgt in Kürze.