Reformation: wenn Gott das Leben neu formatiert

Norden, 31. Oktober 2016

Großer Festgottesdienst zum Auftakt des Jubiläumsjahrs "500 Jahre Reformation"

Reformation – alle Welt redet in diesen Tagen davon, da das Jubiläumsjahr jetzt mit dem 31. Oktober offiziell begonnen hat. Was aber ist, was bedeutet das Wort „Reformation“ eigentlich? Die Antwort darauf gab Superintendent Dr. Helmut Kirschstein am Montagabend beim Festgottesdienst zur Eröffnung des Reformationsjubiläums in der Norder Ludgerikirche. „Es ist ein bisschen wie Weihnachten“, hörte man im Anschluss an den Gottesdienst – gemeint war der gute Besuch. Die Kirchenreihen waren bestens gefüllt, die Besucher waren nicht nur gekommen, um die Predigt des Superintendenten zu hören, sondern auch die Posaunenchöre des Kirchenkreises Norden unter der Leitung des Landesposaunenwartes Hayo Bunger.

Was also ist Reformation? Kirschstein tat das, was gerade für die Neuausgabe der Luther-Bibel abgeschlossen worden ist: Er erklärte es „neudeutsch“, also modern: „Reformation ist Erneuerung, Verbesserung, Umgestaltung, Neugestaltung“, sagte er, „neudeutsch Neuformatierung. Die Festplatte wird neu formatiert.“ Das fange mit einer einzelnen Person an: „Gott hat den Resetknopf gedrückt. Alles noch mal von vorn, back to the roots.“ So erinnerte Kirschstein an Martin Luther, nannte in diesem Zusammenhang aber auch Ulrich Zwingli, Johannes Calvin und Philipp Melanchthon.

In Anlehnung an Apostelgeschichte 8 in der Bibel, wonach Philippus zu einem Kämmerer aus Äthiopien (Kirschstein: „der Finanzminister der Königin“) in den Wagen steigt und ihm Bibelworte erklärt, sagte er, lesen allein genüge nicht. Man müsse vielmehr den jeweiligen Text mit Herz und Verstand begreifen. „Man braucht Anleitung.“ So funktioniere Reformation, allerdings nicht, indem man sich anbiedere, sondern wie Philippus schlicht anbiete. Dazu gebe es neben Pastoren und Pastorinnen viele Helfer und Mitarbeiter auf allen Ebenen der Kirche. „Lassen wir uns selbst neu formatieren!“, gab Kirschstein den Gottesdienstbesuchern mit auf den Weg.

Die hatten später Gelegenheit, die neu revidierte Luther-Bibel („Luther 2017“) käuflich zu erwerben. Die Texte seien zum Teil gänzlich neu übersetzt, sagte der Superintendent.„Die ursprünglichen Formulierungen sind oft überzeugender als die von 1984“, erklärte er. Aus dem Jahr 1984 stammte die letzte Bibel-Revision. Fast die Hälfte aller Verse sei jetzt geändert und bearbeitet worden: „Eine Rolle rückwärts zum Reformator.“

Beide Anlässe – Eröffnung des Jubiläumsjahrs und Einführung der neu revidierten Luther-Bibel – waren Grund genug, einen so zuvor kaum erlebten Klangkörper in der Ludgerikirche zu genießen: Mit 55 Bläserinnen und Bläsern unterstrichen die vereinigten Posaunenchöre aus zahlreichen Gemeinden des Kirchenkreises auf beeindruckende Weise den Festcharakter des Reformations-Gottesdienstes – von einer klangvollen Intrade des zeitgenössischen Komponisten Traugott Fünfgeld zum Lutherchoral „Ein feste Burg ist unser Gott“ über diverse Choral-Begleitungen bis zur zeitgenössischen“Festival Intrada“ von Michael Schütz. Landesposaunenwart Hayo Bunger leitete das ambitionierte Unterfangen souverän.

Mit der feierlichen Musik der Posaunenchöre und der Orgel kamen aber auch zahlreiche Texte aus der neuen Bibel zum Klingen: Bärbel Büscher-Höfkes (KV, Ludgeri Gospel Singers), Dietrich von Hardenberg (KV, Posaunenchor), Janina Schumann (Konfirmandenarbeit, Team „Junge Kirche“) und Bernhard Dülm (neu eingeführter Lektor) trugen ihre Lesungen ausdrucksstark und im steten Wechselspiel von Pult und Kanzel vor. Hier stand nahezu immer das Wort selbst im Mittelpunkt. Es sei Gott, der sich mitteilt in den Worten der Bibel, erklärte Kirschstein dazu. Worte, die man nach dem Wortlaut seiner Predigt nicht nur lesen und hören, sondern mit Herz und Verstand in sich aufnehmen, begreifen und in die eigene Lebenspraxis übersetzen sollte – mit entsprechender Hilfe und Anleitung engagierter Christen.

Text: Unter dankbarer Aufnahme eines Artikels aus dem OSTFRIESISCHEN KURIER.