Christen in der DDR: Leiden, Bekenntnis, Widerstand

Norden, 18. November 2009

Schriftstellerin Caritas Führer und Sup. Dr. Klaus-Michael Führer in Norden

Politischer Buß- und Bettag in Norden: Auf Einladung von Sup. Dr. Kirschstein besuchten der sächsische Superintendent Dr. Klaus-Michael Führer und seine Frau, die Schriftstellerin Caritas Führer, die Küstenstadt. Beide waren aus Annaberg-Buchholz im Erzgebirge angereist, um in Norden ein intensives Vortrags- und Begegnungsprogramm zu gestalten.

Am Vorabend des Bußtags las Caritas Führer beim offenen Treffen des Männer- und des Frauenkreises der Ludgerigemeinde aus ihrem autobiographischen Erstlingswerk "Die Montagsangst".  Mehr als 30 Personen folgten den beklemmenden Erlebnissen eines christlich geprägten Kindes in der DDR mit großer Spannung. Zahlreiche Rückfragen führten zu einem intensiven Gespräch über Diktatur und Kirche, Freiheit und Unterdrückung, an dem sich auch der Annaberger Superintendent Dr. Führer beteiligte.

Am Vormittag des Bußtags lauschten dann mehr als 130 Schülerinnen und Schüler des Norder Ulrichsgymnasiums den Ausführungen der ehemaligen Leipzigerin. Die Aula war bis auf den letzten Platz gefüllt, es mussten sogar zusätzliche Stühle herangeschafft werden. Schulleiter Harald Rüdig freute sich über die lebendige Ergänzung des Unterrichtsstoffs, der ausdrücklich die Behandlung der neuesten deutschen Geschichte nach 1945 vorsieht.

Es gelang Caritas Führer, die jungen Leute aus vier zehnten Klassen und zwei Oberstufenkursen buchstäblich in ihren Bann zu ziehen: Trotz des überfüllten Raumes hörten die Jugendlichen regelrecht andächtig zu und machten Bekanntschaft mit einem "verbrecherischen System". Eindrücklich die Schilderungen der Unausweichlichkeit, bestürzend die totalitären Versuche des Staates, das kindliche und jugendliche Leben rund um die Uhr zu bestimmen und in sein weltanschauliches Muster zu pressen.

Caritas Führer verleugnete nicht die weitgehende Tendenz zur Anpassung, wies aber ebenso deutlich auf das tapfere Bekenntnis zahlreicher Christen hin: Gegen die Unterdrückung und alle Einschüchterungsversuche bekannten sich viele zu Freiheit und Menschenwürde und fanden im Raum der Kirche Möglichkeiten zu einer alternativen Lebensgestaltung. Dass die Friedliche Revolution 1989 diesem Raum der Kirche ihre entscheidenden Impulse verdankt, erscheint daraufhin wenig überraschend.

Am Abend des Buß- und Bettags feierte Dr. Klaus-Michael Führer gemeinsam mit dem Norder Superintendenten einen Beicht- und Abendmahlsgottesdienst in der Ludgerikirche. In seiner Predigt unterstrich der Annaberger Geistliche die gemeinsame Verantwortung aller Deutschen in Ost und West, die sich der gemeinsamen Erfahrung der Gnade Gottes verdanke: "Wach auf, wach auf, du deutsches Land, / du hast genug geschlafen..." (EG 145)

Am Nachmittag hatte das Ehepaar Führer gemeinsam mit Sup. Dr. Kirschstein am Buß- und Bettagsempfang von Landessuperintendent Dr. Klahr in Aurich teilgenommen. Auch Kirchen- und Orgelführungen in Ludgeri, auf Norderney und in Dornum gehörten zum Besuchsprogramm. So "wächst zusammen, was zusammen gehört" - nicht nur formal, sondern in christlich geprägter Freundschaft mit Impulsen für Menschen in Ost und West.