Auf der Flucht in ein neues Leben

Hage, 17. Juni 2014

Internationales Treffen: Überlebens-Geschichten aus Iran, Eritrea und Uganda

Details über ihre Flucht erzählen sie nicht. Schon gar nicht völlig Fremden in größerer Runde. Ein bisschen fremd fühlt es sich zuerst durchaus an, als die Männer und Frauen aus dem Iran, Eritrea, Uganda und Deutschland am Dienstagabend im Hager Gemeindehaus zusammensitzen. Doch das löst sich bald auf.

Jeder stellt sich vor und erzählt ein bisschen was von seiner Herkunft. Die Flüchtlinge aus dem Iran, von denen etwa 20 in Hage leben und deren Anträge auf Bleiberecht größtenteils noch verhandelt werden, sind nach religiöser Verfolgung in ihrem eigenen Land nach Deutschland gekommen. Sie möchten gern Christen sein und wollten konvertieren, doch das sieht der iranische Staat gar nicht gern. Wer„erwischt“ wird, wird hart bestraft oder eingesperrt.

Ähnliches erzählen die drei jungen Männer aus Eritrea, die noch nicht lange in Deutschland sind. Ihren Fluchtweg haben sie teils zu Fuß, teils per Boot hinter sich gebracht. Es sind die typischen Flüchtlingsgeschichten, von denen man in letzter Zeit immer mehr hört. Details erzählen auch sie nicht, aber schon der grobe Umriss reicht für ein deutsches Ohr, tiefe Berührung auszulösen und Augen feucht werden zu lassen. Mit 17 Jahren werden junge Männer in Eritrea für da Militär eingezogen und für bis zu zehn Jahre verpflichtet, berichten die jungen Hagermarscher Neubürger. Unter religiösen Aspekten seien Muslime sowie orthodoxe und katholische Christen anerkannt, alle anderen können ins Gefängnis kommen. Von Freiheit, wie wir Deutschen sie kennen, also keine Spur. Darüber zeigen sich auch die Gäste aus Uganda, die gerade den Freundeskreis Uganda im Kirchenkreis Norden besuchen, überrascht. Auch ihr Land hat eine kriegreiche Geschichte hinter sich. Flucht und extreme Armut sind für Ugander in einem mittlerweile relativ stabilen, wirtschaftlich gut funktionierenden und toleranten Land glücklicherweise kein großes Thema mehr. Dafür suchen gerade viele Flüchtlinge aus dem Südsudan bei ihnen Zuflucht.

So erzählt jeder unterschiedliche Geschichten – auf Englisch, Deutsch und Farsi. Die Nachfragen und Berichte werden immer reger und aus dem anfänglich fremden Gefühl wird bald ein Miteinander. Die Wertschätzung, dass der Austausch eine Bereicherung für jeden Teilnehmer ist, kommt merklich durch. Manch einer kann vielleicht helfen, andere sind froh über jede Hilfe. Speziell die Flüchtlinge sind auf Integration angewiesen und dass sie eine Chance bekommen, die deutsche Sprache zu lernen. Sie wollen es alle. Diejenigen, die schon etwas länger da sind, haben bereits erste Prüfungen bestanden. Ihre emsige Mitarbeit in der Kirchengemeinde sei eine weitere Bereicherung für beide Seiten, wie der Hager Pastor Rolf Meyer-Engeler erzählt.

Für sein Engagement spricht ihm der ugandische Bischof Johnson Gakumba großen Respekt aus. Superintendent Dr. Helmut Kirschstein schließt sich an und dankt allen Mitarbeitern und Helfern in der Flüchtlingsarbeit sowie den Sudan- und Südsudan-Freunden im Kirchenkreis. Auch für ihn habe der Abend viele wertvolle Erkenntnisse gebracht. Ob die Flüchtlinge Hoffnung für ihre Länder hätten, fragt er in die Runde. „In Eritrea ist seit 23 Jahren dieselbe Regierung am Ruder“, sagt einer der jungen Flüchtlinge, „da wird sich so schnell nichts ändern.“ Und auch die Iraner sehen keine baldige Wende.

Was bleibt ist ein bedrückendes Gefühl über die große Ungerechtigkeit in der Welt auf der einen Seite und die Freude über jeden einzelnen Fall, in dem Hilfe Früchte trägt, auf der anderen. Fest steht: Allein schaffen es die wenigsten auf der Flucht in ein neues Leben.

 

< Die Partnerschaftsarbeit Uganda wird aus Mitteln des Fonds FRIEDEN STIFTEN der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers durch das "Haus kirchlicher Dienste" / Hannover gefördert. >

Text: OSTFRIESISCHER KURIER - mit herzlichem Dank!