Johanneskirche Rechtsupweg: Ort mit Ausstrahlung

Rechtsupweg, 07. Dezember 2014

Festgottesdienst zum 50. Jubiläum von Kirche und Gemeinde - 100 Mitwirkende

Solche Jubiläen sind selten: Dass eine Kirchengemeinde 50 Jahre alt wird, kommt sicherlich vor – auch, dass ihr erstes Gotteshaus genau so alt ist, dürfte nicht einmalig sein. Aber eine derartige Fülle musikalischer Vielfalt im Jubiläumsgottesdienst – wann hätte es das zum „50.“ schon einmal gegeben? Der Chor „Jubilate Deo“ (Ltg. Ilse Janssen), der Gitarrenkreis (Ltg. Helga Griggel-Memenga), der Kirchenchor (Ltg. Irina Ignatov), der Posaunenchor (Ltg. Traute Ahrends) und die 12-köpfige Band „Rock my Soul“ (Ltg. Jochen Fischer) brachten die Mauern der Johanneskirche zum Klingen – und stimmten mit adventlichen Weisen die große Gemeinde festlich ein.

Kirchenvorstands-Vorsitzender Udo Ahrends begrüßte die zahlreichen Gäste und erläuterte den besonderen Charakter des Abends: Nachdem bereits der Kirchenchor sein 50. Jubiläum gefeiert und die Gemeinde an einem „Abend der Erinnerungen“ im Oktober ihre 50jährige Geschichte bedacht hatte, verband man nun den alljährlichen Konzertabend aller Chöre und Musikgruppen mit diesem Festgottesdienst (bevor als letzte Station des Jubiläumsjahres erst 2015 das halbe Jahrhundert des Posaunenchors gefeiert wird). Ortspastor Norbert Masslich führte durch die Liturgie und betete darum, dass dieser Gottesdienst keinen „Event“, sondern den „Advent“ befeiere.

Und dieser Gebetswunsch ging in Erfüllung: Alle musikalischen Chöre und Gruppen trugen mit ihrem Programm zur adventlichen Erwartungshaltung bei, etwa der Gitarrenkreis mit seinem „Herr, wir warten, dass du kommst“ und besonders anrührend die Band mit dem gefühlvollen „Mitten unter uns“.

Für die Festpredigt hatte man Superintendent Dr. Helmut Kirschstein eingeladen. Er verknüpfte die 50jährige Geschichte der Kirchengemeinde mit einem Rückblick auf die allgemeine deutsche Geschichte. Bevor er auf die letzten 50 Jahre zurückblickte, regte er dazu an, sich in die Situation des Gründungsjahrs 1964 zu versetzen. Wer damals 50 Jahre zurückdachte, landete nämlich am Beginn des Ersten Weltkriegs. Das halbe Jahrhundert brachte auch noch den Zweiten Weltkrieg hervor, fürchterliche Erinnerungen von Verdun bis Stalingrad gehörten dazu, aber auch die Zeit der Inflation und des Naziterrors, Auschwitz und der totale Zusammenbruch des Staates, Flucht, Vertreibung und Zwangseinquartierungen, schließlich Spätheimkehrer und Kriegsversehrte. Ganz anders der Rückblick vom heutigen Tage: Trotz aller Konflikte und weltweiten Terrorakte seien die Jahre 1964 bis 2014 „für uns“ Jahrzehnte des Friedens gewesen. In der Mitte dieses Zeitraums verortete der Prediger die friedliche deutsche Revolution, die von Andachten, Kerzen und Gebeten inspiriert wurde: eine „Revolution, die aus der Kirche kam“.

Seine steile These: Nicht nur „1989“, sondern die friedliche Entwicklung der letzten 50 Jahre überhaupt verdanke sich entscheidend dem Einfluss der Christen und ihrer Kirchen – bis hin zu gelebter Versöhnungsbereitschaft und einem „Klima der Gastfreundschaft“. Jede Kirche sei ein Ort, von dem („gegen allen Egoismus und Materialismus“) Frieden ausgehe und die Hoffnung auf weltweite Gerechtigkeit geschürt werde. Die Johanneskirche in Rechtsupweg sei seit 50 Jahren „so ein Ort“. Sie habe nicht nur das Ortsbild bestimmt, sondern durch Taufen und Trauungen, den Konfirmandenunterricht und die tröstliche Begleitung im Leiden „das Leben des ganzen Dorfes“ geprägt – hin zu Mitmenschlichkeit und Frieden. Angesichts globaler Umwälzungen und gesellschaftlicher Tendenzen zur religiösen Gleichgültigkeit klagte der Superintendent ein gesundes christliches Selbstbewusstsein ein. Die 50 gesegneten Jahre seit 1964 verpflichteten dazu, diesen Segen „weiterzugeben und weiterzuleben“.

Am Ende des Festgottesdienst erstrahlte das als „Eurovisionshymne“ bekannte „Te Deum“ von Marc-Antoine Charpentier, zu dem sich die rund 100 Mitwirkenden im Altarraum versammelt hatten – selbstverständlich versehen mit einem christlichen Text: „Das Lob soll laut erschallen“. Beim anschließenden Festessen in den Gemeinderäumen klang das großartige Erlebnis noch lange nach.