Ministerpräsident Weil: "Ein tolles Projekt!"

Norden-Tidofeld, 30. Januar 2014

Schirmherr besucht die Gnadenkirche Tidofeld - Memorandum überreicht

Zuerst kommt der Leibwächter, schaut sich um, dann steht die Hauptperson in der Eingangstür, den grauen Schal locker um den Hals gebunden und lächelt: Ministerpräsident Stephan Weil besucht ein Vierteljahr nach ihrer Eröffnung die Dokumentationsstätte Gnadenkirche Tidofeld in Norden. Er ist neben dem Landesbischof einer der Schirmherren der Einrichtung, die sich mit der Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen beschäftigt. „Es freut uns besonders, dass wir Sie zu Besuch haben“, sagt Dr. Helmut Kirschstein, Vorsitzender des Vereins Gnadenkirche. Der Vorstand und die Beisitzer sind erschienen, um den besonderen Gast samt Gefolge durch die Ausstellung zu führen.

Der Ehrengast ist sofort im Thema: „Ich weiß aus Erzählungen, dass nicht alle Flüchtlinge mit offenen Armen aufgenommen worden sind“, sagt er und erzählt sehr persönlich, dass auch die Familie seiner Frau flüchten musste. Dass der SPD-Politiker nicht nur höflich, sondern ehrlich interessiert ist, wird deutlich bei seiner ersten Nachfrage. Von Sylvia Oeltjen, die mit ihrer Familie von 1946 bis 1958 in Baracke 6 des Lagers in zwei Zimmern gelebt hat, will er wissen, wie lange das Lager existiert hat. Der Schritt in die Ausstellung entlockt Weil das erste Mal ein beinahe bewunderndes „Schön, sehr schön“.

Die Mitglieder des Vorstands wechseln sich bei der Vorstellung des Konzeptes ab. Mal berichtet der wissenschaftliche Leiter, Professor Dr. Bernhard Parisius, mal Geschäftsführer Anton Lambertus, mal Ausstellungsgestalter Menno Mennenga, mal Zbigniew Kullas, Leiter des deutsch-polnischen Jugendaustausches. Herzstück der Ausstellung sind Interviews, die Geschäftsführer Lambertus mit Zeitzeugen geführt hat. Weil setzt sich einen Kopfhörer auf und hört zu. Ein, zwei Minuten steht der Mann still da, guckt ernst und lauscht. Weil sagt später, dass die Einrichtung viele Gäste verdient. Auch junge: „Alle, die konfirmiert werden, müssten herkommen.“

Auch Hans-Dieter Haase, MdL aus Emden, besucht die Dokumentationsstätte zum ersten Mal. Er zeigt sich beeindruckt und verspricht seine Unterstützung. Vorstandsmitglied Erika Schmelzle überreicht dem Ministerpräsidenten die gerade erschienene Ausgabe des Ostfriesland-Magazins, in dem die Gnadenkirche Tidofeld auf 4 Seiten bildreich vorgestellt wird.

Als Weil gehen muss, schüttelt er allen die Hände, spricht von einem „tollen Projekt“. Da passt es, dass Dr. Kirschstein den Gast bittet, „wohlwollend“ die Pläne des Vereins zu unterstützen, die Dokumentationsstätte weiter auszubauen. Der Superintendent überreicht dem Ministerpräsidenten ein Memorandum, in dem der Verein die enge Zusammenarbeit beim Aufbau historischer Baracken anbietet. So könnte auf dem Nachbargrundstück – wie von der Landesregierung für verschiedene Regionen Niedersachsens vorgesehen – historisches Material archiviert werden, das nach Auflösung vieler „ostdeutscher Heimatstuben“ sinnvoll untergebracht werden muss. Zugleich erhofft sich der Verein, in Teilen der Baracken die beengten Lebensverhältnisse der 50er Jahre originalgetreu wieder "auferstehen" zu lassen.

Unter Verwendung eines Artikels im "Ostfriesischen Kurier" - mit Dank auch an Martin Stromann (Foto)