Gegen Krieg und Rassismus: Arbeit für den Frieden

Norderney / Hage, 10. Juni 2014

Hochrangiger Besuch: Partner aus Südsudan und Sudan zu Gast

Im Anschluss an eine internationale Hermannsburger Konferenz mit Teilnehmern aus dem (Nord-)Sudan und dem weltweit jünsten Staat Südsudan besuchten hochrangige Vertreter der Partnerschafts-Arbeit auch den Kirchenkreis Norden: Superintendent Dr. Helmut Kirschstein und die Vorsitzende des Eine-Welt-Ausschusses, Jenny Albers (Hage), trafen im Haus von Pastor i.R. Günter Selbach auf Norderney zum Gespräch mit dem südsudanesischen Provost (Probst) i.R. Sylvester Thomas Kambaya zusammen, der von seinem Bruder Ambrose begleitet wurde. Während letzterer für eine Regierungsorganisation die Entmilitarisierung der verfeindeten Gruppen vorantreiben soll, ist Probst Sylvester als Vorsitzender der „Education and Peace Foundation“ im Versöhnungsprozess engagiert.

Sylvester stellt für die Partnerschaftsarbeit im Kirchenkreis Norden das Bindeglied zwischen Nord- und Südsudan dar. Ehedem Probst in Khartoum, setzte seine persönliche Einladung an Ehepaar Selbach die Ausweitung des sudanesischen Engagements in Gang: In Kadeba, seinem ländlichen Heimatort im Süden, fehlte es an allem – Ehepaar Selbach engagierte sich für den Bau eines „Geburtshauses“, vermittelte durch einen Container-Transport auch noch das nötige Equipment und bewegte schließlich die Kirchengemeinde Norderney zum Aufbau einer offiziellen Partnerschaft.

Über Pfingsten weilten die beiden Südsudanesen nun auf der Nordseeinsel. Eine ganze Reihe offizieller Termine standen bereits an – Gottesdienste, der Gedankenaustausch mit dem „Freundeskreis Kadeba“ und der Eintrag ins „Goldene Buch“ der Stadt Norderney beim Besuch des Bürgermeisters gehörten dazu. Superintendent Dr. Kirschstein betonte die Bedeutung des persönlichen Kontakts, durch den das dramatische Schicksal der südsudanesischen Bevölkerung „Gesicht und Stimme“ bekomme.

Die Gäste berichteten von der aktuellen Entwicklung. Sie ist nicht nur durch Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des Staatschefs Salva Kiir und seines ehemaligen Stellvertreters Riek Machar, sondern auch durch Feindseligkeiten rivalisierender Stämme geprägt. Hinzu kommt eine bedrohliche Hungersnot, die auch Kadeba unmittelbar betrifft.

Dass es auch nach dem Friedensschluss zwischen Nord und Süd nicht friedlich weiterging, läge an der frustrierenden Gesamtsituation: Ohne Perspektive auf Besserung im Bildungs-, Gesundheits- und Versorgungswesen, abgeschnitten von allem Lebensnotwendigen und von der Politik um rasche Besserung der Verhältnisse betrogen, sei die neu aufflammende Gewalt Ausdruck wachsender Verzweiflung.

Die deutschen Gesprächspartner berieten über Möglichkeiten zur schnellen Hilfe, etwa durch das Aufbringen von Kollekten, aber auch durch Hilfsappelle an „Brot für die Welt“ oder die Diakonie-Katastrophenhilfe. Mittelfristig würde man auf Norderney wohl gerne zum Aufbau einer neuen Schule in Kadeba beitragen, die auf Vorschlag der südsudanesischen Partner bemerkenswerter Weise für Mädchen eingerichtet werden soll und weite Ausstrahlung bekommen könnte.

Bereits am Abend des Pfingstmontags hatte Pastor Rolf Meyer-Engeler ein spontanes Treffen organisiert: Überraschend war der anglikanische Erzbischof des (Nord-)Sudan zu einem Besuch in den Kirchenkreis Norden gekommen: Im Hager Gemeindehaus versammelten sich kurzfristig rund 50 Gemeindeglieder und in der Partnerschaftsarbeit Aktive, umErzbischof Ezechiel Kondo und den Superintendenten für Khartoum, Hassan al Feil, zu treffen. Beide berichteten sehr anschaulich über die aktuelle Situation im Nordsudan und erläuterten die politische wie humanitäre Krise in den umkämpften Gebieten. Offensichtlich hätten die viel beachteten kriegerischen Auseinandersetzungen im Südsudan dazu geführt, dass der Nordsudanesiche Präsident Omar al-Baschir unbemerkt von der Weltöffentlichkeit jetzt umso brutaler gegen potentiell abtrünnige Regionen vorgehen könne. Die aktuellen Bombardements in Darfur und anderen Landesteilen richteten sich auch gegen Moslems, überhaupt trage die fortwährende Aggression rassistische Züge: Insgesamt seien vor allem Menschen schwarzer Hautfarbe die Opfer eines Regimes, das den Sudan arabisch dominieren wolle.

Der Vortrag und alle Redebeiträge wurden aus dem Englischen übersetzt, so dass die bedrückenden Einsichten bei den Anwesenden einen nachhaltigen Eindruck hinterließen. Musikalisch begleitet wurde der Abend von Plattdeutschen Liedern mit Helmut Hoffmann aus Hage, um den Gästen aus dem Sudan einen lebendigen Eindruck der Kultur Ostfrieslands zu vermitteln. Das besondere Engagement der Hager Ansgari-Gemeinde in der Migrations- und Integrationsfrage – über die Partnerschaften in Übersee hinaus - zeigte sich im Liedbeitrag von Saman Ramezani aus dem Iran, dessen „Liebeslied“ die globale Sehnsucht nach einer Welt des Friedens ausdrückte.