Gemeinsam viel gelernt: "We have been home"

Norden, 29. Juni 2014

Bilanz: Gäste aus Uganda loben Gastfreundschaft und intensives Besuchsprogramm

Mit einem deutsch-afrikanischen Gottesdienst in der Ludgerikirche, einer großen Farewell-Party im Garten des Jugendcafés „Markt 30“ und der abschließenden Auswertung des Besuchsprogramms endete der Besuch einer 5-köpfigen ugandischen Delegation im Kirchenkreis Norden. Die Gäste aus der Partner-Diözese Nord-Uganda hatten zwei Wochen lang das Norderland bereist und zahlreiche Programmpunkte absolviert. Der „Freundeskreis Uganda“ unter Leitung von Superintendent Dr. Helmut Kirschstein hatte das gesamte Programm vorbereitet und begleitete die Gäste bis hin zur Landesgartenschau in Papenburg, wo man gemeinsam drei Open-Air-Andachten gestaltete, und zum Besuch des Landeskirchenamts in Hannover. Zu unmittelbaren Begegnungen, Gottesdiensten und intensiven Gesprächen kam es in den Kirchengemeinden Juist, Hage, Osteel, Norden-Ludgeri, Arle und Rechtsupweg.

Die Ludgerikirche erlebte zum Abschluss einen besonders bewegenden Gottesdienst: Nicht nur die Ludgeri Gospel Singers, auch die ugandischen Gäste trugen mit ihrem traditionellen Gesang zur abwechslungsreichen Gestaltung bei. Teile des Gottesdienstes wurden zweisprachig gehalten. So übernahm Diözesan-Sekretär Rev. Patrick Lumumba (eine Art General-Manager der Diözese) die englische Fassung des Evangeliums, und Bischof Johnson Gakumba (Gulu) stand zur Predigt gemeinsam mit dem Norder Superintendenten auf der Kanzel. Dr. Kirschstein hatte auch den Part des Übersetzers inne und fasste seinen Predigtteil in einem englischen „Summary“ zusammen: Jesus Christus ist erschienen, „um unsere Füße auf den Weg des Friedens zu richten“. Diesem „Friedensbringer“ den Weg zu bereiten und aus seiner „herzlichen Barmherzigkeit“ heraus Konsequenzen für das Leben in Uganda wie in Deutschland zu ziehen, erwies sich als gemeinsamer Nenner beider Prediger.

Bei der Farewell-Party ergaben sich viele Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme und zum intensiveren Gespräch mit den Gästen aus dem kriegs-geschüttelten Land. Abschließend staunten die zahlreichen Besucher nicht schlecht, als Patrick Lumumba „Lessons learnt during our Visit“ („Was wir während unsres Besuchs gelernt haben“) per Powerpoint-Präsentation im Saal des Jugendcafés vorführte. Als wegweisende Ideen („das nehmen wir mit und werden es in Gulu weiterverfolgen“) vermerkte er etwa die Bedeutung der „Kirche im Tourismus“ (Juist), das christliche Engagement für Migranten und Asylbewerber (Hage), die praktische Ausrichtung deutscher Kindergärten auf selbstbewusstes Lernen (Osteel), mehrfach aber vor allem die deutsche Erinnerungskultur: Diese hatte die Gäste beim Besuch der Dokumentationsstätte Gnadenkirche Tidofeld, bei der Einweihung eines Mahnmahls zum Bau des "Panzergrabens" vor Aurich (mit Innenminister Pistorius), bei einer Schlossführung in Jever oder bei Stadtrundgängen durch Norden und Hannover offenbar schwer beeindruckt. „Nach dem Ende des Krieges 2006 droht die jüngste Geschichte Ugandas trotz ihrer Schrecken in Vergessenheit zu geraten. Mein kleiner Sohn fragte mich neulich, wer das denn sei auf diesem Bild – er kannte den Terroristen und Hauptverantwortlichen für die Mordtaten, Joseph Kony, nicht mehr. Wir müssen Stätten der Erinnerung schaffen, wie ihr es getan habt“, so der Diözesansekretär.

Auch manches, was in kirchlichen Kreisen hierzulande beinahe selbstverständlich scheint, wird den Ugandern positiv in Erinnerung bleiben: etwa die Gestaltung von Gottesdienst und Gemeindebegegnung in Arle, wo es dem engagierten Kirchenvorstand auch ohne Pastor (gegenwärtig herrscht in Arle Vakanz) gelungen war, die Gäste willkommen zu heißen und freundlich zu bewirten. Patrick Lumumba: „Unsere ugandischen Gemeinden verlassen sich viel zu sehr auf die Pastoren und werden selbst kaum aktiv.“

Beeindruckt zeigten sich die Gäste auch von der deutschen Müllentsorgung und Wiederverwertung, die sie in Wiefels kennengelernt hatten, sowie von der hiesigen Landwirtschaft (Biolandhof Agena, Freilandgeflügel Diekenshoff): „Uganda wird wohl noch 100 Jahre brauchen, um auf diesen Level zu kommen.“ Um die Entwicklung womöglich zu beschleunigen, knüpften die Gäste Kontakte zu einem hiesigen Landwirt, der ernsthaft einen landwirtschaftlichen Neubeginn in dem ostafrikanischen Land in Erwägung zu ziehen schien. Bei Besuchen der Förderschule Aurich und der Conerus-Schule Norden (BBS) zeigten sich die fünf Ugander äußerst interessiert und luden die Schulleiter Tewes und Cammans zum Gegenbesuch ein.

So wird der ugandische Besuch im Kirchenkreis Norden vielen Menschen in Erinnerung bleiben: Nachhaltigen Eindruck hinterließen die Afrikaner bei den Jugendlichen des "Tortennachmittags", einer zentralen Veranstaltung des Kreisjugenddienstes, aber auch bei den Mitgleidern des Bibelkreises Rechtsupweg: Hier legten Weiße und Schwarze gemeinsam den Missionsbefehl Jesu aus und fragten nach den Konsequenzen für den globalen Auftrag von Christsein und Kirche.

Wie die Möglichkeit einer friedlichen Gestaltung nach Ende des Krieges 2006 zu nutzen und das Trauma von Missbrauch und Gewalt zu überwinden sei: darum ging es quer durch alle Veranstaltungspunkte. Inhaltliches Highlight des Programms waren ein gut besuchter Begegnungsabend für Frauen in Osteel, wo Christine Onyango, die Präsidentin des Nord-Ugandischen Frauenwerks („Mother´s Union), zum Thema „Frauen fördern den Frieden“ eingeladen hatte – sowie der Vortragsabend mit Bischof Johnson Gakumba im Gemeindehaus Ludgeri: „Gewalt überwinden – wie die Diözese von Nord-Uganda nach 20 Jahren Bürgerkrieg zur Trauma-Bewältigung und zur Überwindung von Hass und Gewalt beiträgt“.

Fazit der Auswertungs-Präsentation: „Krieg ist furchtbar – hier aber gibt es eine Kultur des Friedens und der Toleranz. Wir hoffen, dass die Gesellschaft Nord-Ugandas durch diesen Report von unserem Besuch lernen wird, dass Krieg furchtbar ist – und dass man fortfährt, für eine Kultur des Friedens und der Toleranz einzutreten.“

Am Ende stand der Dank für die „großartige Gastfreundschaft“ vom familiären bis zum institutionellen Level: „We have been home“ - „Wir waren hier zu Hause.“

 

< Die Partnerschaftsarbeit Uganda wird aus Mitteln des Fonds FRIEDEN STIFTEN der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers durch das "Haus kirchlicher Dienste" / Hannover gefördert. >