Ökumene: christliches Zeugnis für Menschenwürde

Norden, 17. Oktober 2013

Erstes öffentliches Zeichen der Norder Ökumene gilt dem Erhalt der Palliativstation

Dieses Thema war den Mitgliedern so außerordentlich wichtig, dass sie unbedingt öffentlich Stellung nehmen wollten. Gestern setzten die Vertreter und Vertreterinnen aller christlichen Gemeinden in Norden ihreUnterschrift unter ein Schreiben, in dem sie erklären, wie sehr ihnen die Palliativstation an der Ubbo-Emmius-Klinik (UEK) Norden am Herzen liegt. Bisher habe man sich mit innerkirchlichen Themen auseinandergesetzt, sagte Dieter Albertsmeier als Sprecher des ökumenischen Arbeitskreises gestern bei der Aktion in der Freien evangelischen Gemeinde Im Spiet, in diesem Fall aber wolle man öffentlich ein Zeichen setzen. Das Schreiben soll an die Mitglieder des Aufsichtsrates der UEK gesandt werden. Es soll ihnen vor der nächsten Sitzung allen persönlich vorliegen.

Wie sehr das Thema alle in den Gemeinden und in der gesamten Bevölkerung beschäftigt, wurde auch im Rahmen der Unterschriftenaktion gestern noch einmal deutlich, als sofort wieder diskutiert wurde. Neben Vertretern der Kirchengemeinden waren auch Bürgermeisterin Barbara Schlag in ihrer Eigenschaft als stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins der Palliativstation und Anneliese Schelten als Vertreterin der Hospizgruppe Norden anwesend.

In der Stellungnahme wird das hohe Ansehen der Station in der Öffentlichkeit betont. Finanzielle Aspekte müssten, so heißt es an anderer Stelle, „gegenüber den mitmenschlichen als nachrangig bewertet werden. (…) Wir dürfen doch die „Würde und die Bedürfnisse eines vom Sterben bedrohten Menschen nicht allein dem Diktat der Kosten unterwerfen!“ Menschen dürften am Ende ihres Lebens nicht zu einem Kostenfaktor reduziert werden. Auch Artikel eins des Grundgesetzes (Die Würde des Menschen ist unantastbar...) wird zitiert. Die Kirchen und ihre Mitglieder wollten sich persönlich für die Station einsetzen, heißt es weiter.

Ähnlich war der Tenor gestern bei der Diskussion. Jeder fühle sich unmittelbar betroffen, sagte Barbara Schlag, die Menschen betrachteten eine eventuelle Schließung als Angriff auf die Menschenwürde. 11.249 Unterschriften sind in den letzten Wochen für den Erhalt der Palliativstation gesammelt und zu Wochenbeginn an den Landrat des Landkreises Aurich übergeben worden (wir berichteten). Unterschriftten von Bürgern aus der Stadt Norden, aber auch aus dem Norderland, dem Störtebekerland, aus der Krummhörn und aus ganz Ostfriesland.

Die Station sei ein Aushängeschild der UEK und genieße eine hohe Akzeptanz, „gerade auch wegen ihrer guten Arbeit“, lobte Schlag die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Anneliese Schelten betonte die gute Zusammenarbeit zwischen der Station und der Hospizgruppe. 36 ehrenamtlich Tätige brächten sich immer wieder auch in der Palliativstation der UEK mit ein.

Es war klar, dass keine schwarzen Zahlen geschrieben werden können“, sagte Schelten. Deshalb sei dem zuständigen Gutachter die Station als Kostenfaktor aufgefallen, erklärte Schlag dazu. Das sei grundsätzlich auch seine Aufgabe gewesen, führte sie weiter aus und beschrieb das, wie sie es nannte, Missverständnis, das auf diesem Weg anschließend entstanden sei. Denn die eigentlichen Entscheidungen hätten andere zu treffen, und der Landrat habe ja auch bereits zugesagt, dass die Station erhalten bleibe. Aber jetzt sei die Chance, über das Thema zu reden und klarzumachen, dass es nicht überall nur nach Zahlen gehen könne: „Es gibt noch etwas darüber.“

Betroffen zeigten sich gestern alle von den Ängsten gerade vieler älterer Gemeindeglieder, im Sterben womöglich nur als Kostenfaktor gesehen zu werden.„Wo sind wir hingekommen?“, sprach die Bürgermeisterin aus, was alle Kirchenvertreter ebenfalls bewegte. „Sollte es so weit kommen, dann wird unsere Gesellschaft noch kälter und menschenunwürdiger, als sie ohnehin schon ist“, sagte dazu Theus Bracht von der reformierten Kirchengemeinde Norden.

Diese öffentliche Aktion der Kirchen bleibe vorerst einmalig, sagte Albertsmeier. Der Arbeitskreis als solcher bleibe bestehen, er habe sich aber nur für diesen speziellen Fall, weil er allen so wichtig sei, an die Öffentlichkeit gewandt. Zum Arbeitskreis gehören: die evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden Andreas, Ludgeri, Süderneuland und Norddeich; die katholische Kirchengemeinde St. Ludgerus; die Freie evangelische Gemeinde; die Mennonitengemeinde; die evangelisch-reformierte Gemeinde; die Evangelisch-freikirchliche Gemeinde (Baptisten) und die Friedensgemeinde im Bund der Pfingstgemeinden, dazu der Beauftragte für die Konfessionsökumene im evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Norden.

Herzlichen Dank an den OSTFRIESISCHEN KURIER für Text und Foto!