Sudan: Offene Information, bedrohlicher Hintergrund

Hage, 02. Oktober 2013

6-köpfige Schul-Delegation aus Khartoum beim Begegnungsabend in Hage

Zu einem besonderen Gemeindeabend hatte die St. Ansgari-Kirchengemeinde am Mittwochabend eingeladen: Im Rahmen ihres Besuchs im Kirchenkreis Norden stellte sich die sudanesische Delegation der Khartoum Diplomatic School den Hager Gemeindemitgliedern vor und berichtete sehr ausführlich und offen über das aktuelle Alltagsleben im Sudan. Pastor Rolf Meyer-Engeler als verantwortlicher Organisator ließ zunächst den Besuch im Januar dieses Jahres Revue passieren. Er hob dabei schwerpunktmäßig die Hilfsprojekte rund um die sudanesische Hauptstadt Khartoum hervor. So eröffnete er auch den Gasteltern und den zahlreich erschienenen Konfirmanden die aktuelle Situation der Sudan-Partnerschaft.

„Meine Name ist Ali Alleegib, ich bin 13 Jahre alt und besuche das 8. Schuljahr der Khartoum Diplomatic School. Mein Vater ist Farmer und baut verschiedene Getreidesorten an, wobei diese Ackerflächen bewässert werden“, beginnt die Vorstellung der Reisegruppe aus dem Nordsudan. Farbenfrohe grüne Bilder dieser Farm, die im Januar dieses Jahres besucht wurde, erscheinen auf der Leinwand und lassen den Kontrast zur prägenden Wüstenlandschaft des Sudans deutlich werden. In verständlichem Englisch und sehr moderat stellen sich Schüler und Schulleiterehepaar Kichota vor. Die zahlreichen Besucher lauschen gespannt und bekommen dank eines Kurzfilms über den Januarbesuch einen sehr guten Eindruck über die Tage der Norder und Hager Schülerinnen und Schüler rund um die sudanesische Hauptstadt Khartoum.

Pastor Rolf Meyer-Engeler stellte die verschiedenen Projekte im Sudan vor, die mit Spenden aus dem Kirchenkreis Norden unterstützt werden. Vor allem die Kindergärten „Thaura 48“ und „Jebourouna“, aber auch ein Projekt für fast 100 Witwen in einer Nähmaschinenfabrik beeindruckten die Anwesenden. Wichtige bauliche Reparaturen, Kauf von Grundnahrungsmittel und Zukauf von alten, aber funktionstüchtigen Singer-Nähmaschinen wurden dank der Spenden mitfinanziert. Zentraler Vermittler vor Ort ist der Schulleiter der Khartoum Diplomatic School, Minesh Kichota. In Absprache mit Rolf Meyer-Engeler können die örtlichen Betreuer der verschiedenen Projekte den Schulleiter aufsuchen und die finanzielle Unterstützung auf direktem und unkompliziertem Wege bekommen.

Zum Abschluss der Veranstaltung hatten die Anwesenden die Möglichkeit, Fragen zu stellen, was überraschender Weise sehr intensiv genutzt wurde. Es scheint erheblicher Informationsbedarf zu bestehen, um die Zusammenarbeit und die Unterstützung im Sudan durchsichtiger und deutlicher werden zu lassen. Die Gewissheit, dass die Spenden unkompliziert und auf direktem Wege von Hand zu Hand in die verschiedenen Entwicklungsprojekte fließen, wurde sehr deutlich und mit großem Interesse aufgenommen. Diese Gewissheit half auch einigen Gemeindemitgliedern, die sich kritischen Fragen der Spender stellen mussten. Religionsfreiheit, politische Unruhen und wirtschaftliche Tagesprobleme wurden ebenfalls hinterfragt. Minesh Kichota und seine Frau Sona berichteten als Hinduisten, dass sie sich in der Ausübung ihrer Religion nicht beeinträchtigt fühlten, ihren Glauben allerdings in keinem öffentlichen Tempel, sondern nur hinter Privatmauern leben dürfen. Ähnlich differenziert, aber keineswegs problemlos ist die Situation der christlichen Gemeinden: Historisch gewachsene Kirchengemeinden und deren Kirchen blieben unberührt, nur Neubauten würden gegenwärtig kaum genehmigt. Illegal, d.h. ohne die ohnehin kaum zu erhaltende offizielle Erlaubnis errichtete kirchliche Gebäude könnten zerstört werden, was vor allem in den Flüchtlingssiedlungen eine ständig drohende Gefahr ist.

Es war insgesamt eine sehr persönliche Begegnung an diesem Abend, und ein Gast drückte es abschließend aus: "Danke, dass Sie gekommen sind, vor allem, dass Sie Jugendliche mitgebracht haben, in deren Hand liegt unsere gemeinsame globale Zukunft. Danke, ich weiß jetzt, wohin meine Spenden gehen!"

Am kommenden Sonntag werden die Gäste am Erntedankgottesdienst in Hage teilnehmen - eine weitere Gelegenheit, den zwei Erwachsenen und vier Schülern persönlich zu begegnen. Und Informationen aus erster Hand zu bekommen...