"Wir bauen auf!" Mit Begeisterung gegen den Trend

Marienhafe, 31. Oktober 2021

1-Mio.-Projekt Gemeindehaus-Neubau in Marienhafe am Reformationstag eröffnet

Viel Applaus für Pastorin Katrin Krüger, die vor den drei modernen Fenstern im großen Saal des neuen Gemeindehauses ("wie ein Triptychon") humorvoll durch den Festakt führte.

Feierliche Eröffnung des neuen Gemeindehauses in Marienhafe: Nach 12 Jahren Planung konnte der teil-sanierte wie neu errichtete 1-Mio.-Bau am Reformationstag seiner Bestimmung übergeben werden. In seiner Fest-Predigt feierte Superintendent Dr. Helmut Kirschstein das erfolgreiche Projekt als "ein Symbol für den Ausbau lebendiger Kirchengemeinden" - gegen den deutschlandweit zu beobachtenden Trend, Kirchen zu schließen, Gemeinden aufzulösen und Gemeindehäuser zu verkaufen.

In seiner Ansprache skizzierte er die bleibende Bedeutung von Gemeindehäusern und zeichnete die historische Entwicklung nach: Während in der Urkirche jedes christliche Haus idealer Weise ein Gemeindehaus gewesen sei, wanderte dieses Ideal schon in der Alten Kirche in die Klöster aus. Indem jeder Familienvater seine Hausgemeinde dazu anhalten sollte, auch im Alltag christlich zu leben, holte die Reformation das Ideal "mitten ins Leben" zurück. Im Zeitalter der Industrialisierung sei die Einrichtung spezieller Gemeindehäuser dann "ein großartiger christlicher Gegenentwurf" gegen moralische Verrohung, soziale Vereinsamung und religiöse Entwurzelung gewesen. Aktuelle Herausforderungen wie Schöpfungsverantwortung und Menschenwürde zeigten deutlich, dass Gemeindehäuser heute nicht weniger wichtig seien als im 19. Jahrhundert: Jedes Gemeindehaus sei ein Ort christlicher Beziehungspflege, evangelisches Bildungszentrum und "christlicher Anker für das schlingernde Schiff einer moralisch verunsicherten Gesellschaft". Während ein landeskirchlicher Trend eher signalisiere: "Wir machen zu", symbolisiere die Eröffnung des neuen Marienhafer Gemeindehauses im Kirchenkreis Norden das Gegenteil: "Wir machen auf." Auch das Datum des Reformationsfeiertags setze einen symbolträchtigen "Doppelpunkt für das Gemeindeleben".

Der Festgottesdienst, den Marienhafes Pastorin Katrin Krüger liturgisch zusammen mit Gemeindediakonin Monika Bauer gestaltete, wurde vom Posaunenchor und Okko Grensemann an der Gerhard-von-Holy-Orgel feierlich umrahmt. Beim anschließenden Festakt im Saal des neu erbauten Gemeindehauses klangen bei zahlreichen Ansprachen die 12 Jahre währenden Anstrengungen ebenso an, wie Stolz und Dankbarkeit über das schließlich doch Erreichte.

Von allen Seiten gelobt wurde die ausgezeichnete Arbeit von Architekt Jan Kersten (Norden), der selbst eine kurze "Sehschule" zum Verständnis des Gebäudes beisteuerte: Das Haus entspreche dem ursprünglich hier vorhandenen Gulfhof mit seinen drei Teilen und sei so "ein Denkmal": "nach vorne aufgehübscht, nach hinten historisch nachempfunden". Auch Pastorin Katrin Krüger sprach von einem "Kunstwerk", das altes Ambiente und moderne Zweckdienlichkeit genial verbinde. Samtgemeindebürgermeister Gerhard Ihmels erinnerte an den Vorgängerbau und freute sich besonders darüber, dass das neue Gebäude sich "durch seine Lage wie durch seine Funktion" als "ortsbildprägend" erweise. Für die Kirchenkreissynode überbrachte deren Vorsitzender Theo Weber die Glückwünsche des Kirchenparlaments. Alrich Bartels sprach als Vorsitzender des Kirchenkreis-Bauausschusses seine Hoffnung auf einen "missionarischen" Impuls durch das neue Gemeindehaus aus: Nicht nur die Gemeinde, sondern der ganze Kirchenkreis sei dadurch "ein ganzes Stück einladender" geworden.

Pastorin Katrin Krüger freute sich sichtlich, dass an die Stelle des einstmals "hässlichsten" Gemeindehauses im Kirchenkreis (so eine frühere Aussage des Superintendenten) jetzt eines der "schönsten" im Kirchenkreis und gar im Sprengel Ostfriesland-Ems getreten sei. Sie führte humorvoll durch die Veranstaltung und trug schließlich ein Grußwort ihres Vorgängers Eskil Wohlberg vor - der Ruheständler weilt zur Zeit auf Madeira. Er selbst habe zunächst einen modernen Anbau favorisiert, so Wohlberg, aber dem Archtikten-Büro Kersten sei eine "Zauberei" gelungen, die ihn völlig überzeugt habe.

Kirchenvorsteher Gerhard Evers dankte allen Geldgebern und Unterstützern für die tatkräftige Mithilfe und unterstrich dabei den Beitrag von Kommune, Interessensgemeinschaft Marienhafe und Kirchenamt Aurich. Evers ließ auch noch einmal die schwierige Finanzierung Revue passieren. Umso dankbarer sei er für entscheidende Wegmarken: die Bewilligung von 200.000 € durch das "Amt für regionale Landesentwicklung" und die großzügige Unterstützung durch den Kirchenkreis Norden, der die höchste Fördersumme beisteuerte.