"Auch Ältere sind unsre Gegenwart und Zukunft"

Norden, 20. März 2021

Psychologische Beratungsstelle: Neues Projekt im Angebot der Diakonie

Einsatz für die Generation 60+ (v.l.n.r.): Kirschstein, Goronzy, Günther-Heimbucher.

Die durchschnittliche Lebenserwartung ist in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter angestiegen. Die Gesellschaft wird älter – ein Grund zur Freude. Doch immer mehr ältere Menschen haben auch Probleme. Oft sind das psychische Dinge oder Erkrankungen, die altersspezifische Gründe haben. Sei es die allgemeine Einsamkeit, Krankheit oder der Tod eines nahestehenden Menschen. Um diese älteren Personen in Norden nicht allein zu lassen, hat die Diakonie in Zusammenarbeit mit dem Kirchenkreis Norden und der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover ein psychologisches Beratungsangebot ins Leben gerufen.

Es heißt „Akku leer oder Volldampf voraus“. Im Gespräch mit dem KURIER berichten Marja Goronzy, Leiterin der psychologischen Beratungsstelle, Helmut Kirschstein, Superintendent des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Norden, und Susanne Günther-Heimbucher, psychologische Therapeutin, über die ersten Erfahrungen mit dem Projekt und was sie künftig planen.

„Wir stellten fest, dass mittlerweile 20 Prozent der Menschen, die bei uns beraten werden, über 60 Jahre alt sind“, sagt Goronzy. Dies sei der Grund gewesen, der das Projekt ins Rollen gebracht hat. Seit Oktober haben bereits erste Gespräche im Rahmen des psychologischen Beratungsangebotes stattgefunden.

„Als die Diakonie mit der Idee für ein neues Beratungsangebots auf uns zukam, waren wir schnell begeistert. Es vervollständigt unser kirchliches Angebot, welches wir in Norden für Ältere haben, sehr gut“, so Kirschstein. Daher sei sofort klar gewesen, dass der Norder Kirchenkreis das Projekt auch finanziell unterstützen wird.

Die ersten Erfahrungen mit den Personen, die bei der Beratungsstelle Hilfe gesucht haben, hätten gezeigt, wie nötig dieses Angebot in Norden sei, sagt Goronzy. „Die meisten Probleme, die die Menschen haben, liegen in den Partnerschaften begründet“, berichtet Günther-Heimbucher. Sie ist von der Diakonie extra für das Projekt angeworben worden. Die Theologin hat sich drei Jahre intensiv psychologisch weitergebildet und ihren Arbeitsfokus auf psychologische Probleme im Alter gelegt. „Dass was man in den Paar-Gesprächen oft merkt, ist, dass es etwas anderes ist, ob man nun zehn oder 50 Jahre verheiratet ist. Die Menschen entfremden sich häufig“, so Günther-Heimbucher. Immer öfter seien gerade Frauen bei ihr, die sich gerade von ihrem Mann getrennt haben und neben der psychologischen Beratung auch Hilfe bei ganz konkreten Altersfragen brauchen. „Den Frauen helfen wir dann auch bei diesen Schwierigkeiten. In solch Fällen wissen viele nicht, wie sie zum Beispiel an eine neue Wohnung kommen“, so die Therapeutin.

Doch es gibt auch positive Themen, mit denen Menschen zu den Beratungssitzungen kommen. „Es gibt auch immer mehr Fälle von älteren Menschen, die sich neu verlieben und dann viele Fragen haben. Sie kannten dieses Gefühl ja auch lange nicht“, so Günther-Heimbucher. Auch mit Fragen zum Sexleben im Alter kämen Menschen auf sie zu.

Ein weiteres alter spezifisches und besonders ostfriesisches Problem ist, dass viele Zugezogene vereinsamen. „Wenn Eheleute in der Rente nach Norden ziehen und ein Partner dann verstirbt, ist der andere häufig aufgeschmissen, findet keinen Anschluss und vereinsamt. Auch solchen Leuten sind wir eine Stütze“, sagt Goronzy.

Neben der klassischen Beratung sei in der psychologischen Arbeit mit älteren Menschen vor allem eines wichtig, so Günther-Heimbucher: Die Menschen reden lassen. „Wir versuchen in der Psychologie, ja oft Probleme aufzudecken und diese zu behandeln. Bei älteren Menschen kommt sehr oft das Thema Lebensbilanz zur Sprache. Da muss man sie einfach erzählen lassen, denn viele haben wirklich noch nie offen über das bisher Erlebte gesprochen“, so die Therapeutin. Daran anknüpfend sei auch das Thema, was ältere Menschen für Ziele im Leben haben, häufig extrem wichtig.

Da das Angebot der psychologischen Beratung so gut angenommen wird, plant die Diakonie, künftig auch Gruppensitzungen anzubieten. „Natürlich erst, wenn Corona das ermöglicht“, sagt Goronzy. Bis dahin bleibe es bei den aktuell angebotenen Einzel- und Paargesprächen. Was ebenfalls bleiben soll, sind die kurzen Wartezeiten auf einen Termin, sagt Goronzy. „Wir haben aktuell Wartezeiten von zwei bis drei Wochen. Das wollen wir beibehalten, auch wenn mehr Leute bei uns anfragen. Denn das ist etwas, was uns von vielen niedergelassenen Psychologen positiv unterscheidet“, so die Leiterin der Beratungsstelle.

Mit herzl. Dank an den OSTFRIESISCHEN KURIER (Text und Foto).