1700 Jahre jüdisches Leben: "Furioser Auftakt"

Norden, 02. Juli 2021

Eröffnung in Ludgeri: Sonderausstellung "Werke dreier jüdischer Künstler"

Der Blick fällt herunter und geht wieder hoch. Und fällt noch einmal herunter auf den Ausstellungsführer, den man in Händen hält, und hoch auf das Bild, das an der Kirchenwand hängt. Bei der Eröffnung der Ausstellung „Buchstaben des Lebens – Werke dreier jüdischer Künstler“ in der Norder Ludgerikirche sind am Freitagabend viele Besucher zu sehen, die sich ähnlich verhalten und auf den Zetteln, die sie in der Hand halten, genau nachlesen wollen, welche Bedeutung die mystischen Bilder haben, die sie sehen.

Seit Freitag zeigen der Ökumenische Arbeitskreis Synagogenweg Norden in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Synagoge Dornum Grafiken und Lithographien der drei jüdischen Künstler Judith Pins (1926 bis 2012), Hermann Struck (1876 bis 1944) und Max Liebermann (1847 bis 1935). Die Ausstellung wird innerhalb des Festjahres „2021 – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ bis zum 26. August in der Ludgerikirche gezeigt.

Almut Holler, Vorsitzende des Arbeitskreises Synagogenweg Norden, sprach angesichts der Ausstellungseröffnung von einem „furiosen Auftakt“ des Jubiläumsjahres, das schon hatte früher beginnen wollen. Doch Corona machte der Sache einen Strich durch die Rechnung. Zu dieser Ausstellung können viele Besonderheiten genannt werden. Eine gemeinsame Ausstellung mit Werken jüdischer Künstler in der christlichen Ludgerikirche habe es bislang noch nicht gegeben, sagte der Vorsitzende des Kirchenvorstandes Ludgeri, Pastor Martin Specht. „Wir sind dankbar dem Ökumenischen Arbeitskreis und der Gedenkstätte Synagoge Dornum, die sie umgesetzt haben.“ Die Dauer der Ausstellung „sind acht lange Wochen der besonderen Freude“. Auch Heiko Schmelzle, Bürgermeister der Stadt Norden, machte deutlich, wie sehr er sich über und auf diese besondere Ausstellung freut.

Gitta Connemann, CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Landkreis Leer, sprach als stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe. Das Jubiläum „1700 Jahre jüdisches Leben“ könne wegen des Reichtums jüdischen Lebens und auch wegen der vielen Initiativen, wie dem Arbeitskreis und der Gedenkstätte, begangen werden, dankte sie.

Der Ökumenische Arbeitskreis und die Gedenkstätte Synagoge Dornum betreten mit der Veranstaltung Neuland. Welch vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Vorbereitung entstanden ist, wurde deutlich, als Almut Holler Georg Murra-Regner von der Dornumer Gedenkstätte einen Zettel zusteckt. Er möge langsamer reden, damit ein jeder ihn verstehen könne. Murra-Regner versuchte, den Wunsch umzusetzen. Er stellte die drei Künstler vor. Von Max Liebermann werden Lithographien aus der friesisch-holländischen Serie gezeigt. Die Arbeiten des Ehrenpräsidenten der Akademie der Künste haben für die Kunst des 19. Jahrhunderts gestanden. Liebermann habe immer seine berlinerische und preußische Art betont. Großartig sind auch die Arbeiten von Hermann Struck, die zu sehen sind. Der 1. Professor der Kunsthochschule in Jerusalem sei ein beachteter Künstler gewesen, so Murra-Regner. Liebermann hätte bei ihm Unterricht genommen. In der Ausstellung sind berührende Lithographien von Juden in Ost-Europa zu sehen. Judith Pins‘ großformatige Grafiken thematisieren die Bedeutung der 22 hebräischen Buchstaben. Er habe, so Murra-Regner, Judith Pins mehrmals getroffen. Sie sei eine tatkräftige Frau gewesen.

  • Die Ausstellung in der Ludgerikirche ist montags von 10 bis 14.40 Uhr sowie dienstags bis sonnabends von 10 bis 17 Uhr zu sehen.

[ Mit herzlichem Dank an den OSTFRIESISCHEN KURIER (Text & Fotos) ]