Dank "grenzenloser Güte": 20 Jahre deutsche Einheit

Norden-Tidofeld, 03. Oktober 2010

Gut besuchter Fest-Gottesdienst in der Tidofelder Gnadenkirche

Die Gnadenkirche Tidofeld sei ein "Ort der Vergewisserung" für Menschen, "die ganz besonders von deutscher Geschichte betroffen" waren und sind: So schlug Superintendent Dr. Helmut Kirschstein den Bogen vom Dank für 20 Jahre deutsche Einheit zu den besonderen Lasten der Flüchtlinge und Vertriebenen, deren letztlich gelungene Integration die angestrebte "Dokumentationsstätte" aufarbeiten möchte. In einem Gebet nannte es Geschäftsführer Pastor Anton Lambertus "beschämend", dass "nur so wenige Menschen ihre Freude und ihren Dank über das Geschenk der Einheit" vor Gott bringen. Damit konnte er sich gewiss auf die gottesdienstlichen Veranstaltungen zum "Tag der deutschen Einheit" im wiedervereinigten Deutschland beziehen - in Tidofeld selbst war der Gottesdienst am Nachmittag des Nationalfeiertags jedoch erstaunlich gut besucht.

Mehr als 50 Menschen waren der Einladung des Superintendenten und der Norder Bürgermeisterin Barbara Schlag gefolgt, die im Namen des Vereins "Gnadenkirche Tidofeld" in das aufgelassene Gotteshaus gebeten hatten. Mit der Stellvertretenden Bürgermeisterin Johanne Carow waren weitere Vertreter der lokalen Politik erschienen, aber auch zahlreiche Vereinsmitglieder über den Norder Raum hinaus und sogar Gäste aus Osnabrück nahmen am Gedenk-Gottesdienst teil.

Mit den beiden Pastoren gestaltete ein Bläserkreis aus Mitgliedern des Posaunenchors Ludgeri die Veranstaltung. Superintendent Dr. Kirschstein ließ in seiner Predigt die von weltweiten Kriegen und wachsendem Terror geprägten Jahre seit dem Vollzug der deutschen Einigung Revue passieren. Gleichwohl müsse man "20 Jahre danach" in Deutschland keinen Klagegottesdienst halten, sondern könne dankbar auf zwei gute Jahrzehnte für das vereinigte Deutschland zurückblicken: "Unser Glück ist unverdiente Gnade." Gottes buchstäblich "grenzen-lose Güte" und "eine Wahrheit, die durch Mauern geht", habe vor, während und nach dem Mauerfall die "Klammer" gebildet, die Ost und West zusammenhalte. Angesichts der "großen Probleme unseres Landes nach 20 Jahren Einheit", zu denen er die auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich, eine nachhaltig verträgliche Energieversorgung und die "Integration von Menschen unterschiedlichster Herkunft in ein Deutschland für alle" zählte, riet Kirschstein zur "Orientierung am Gott der Güte".

Flüchtlinge und Vertriebene hätten nach 1945 mit der Charta der Heimatvertriebenen ein eindrucksvolles Zeichen für eine solche Orientierung  gesetzt. Da Schlesier, Pommern und Ostpreußen durch die vor 20 Jahren vollzogene Einigung endgültig auf ihre ehemalige Heimat verzichten mussten, schloss der Superintendent mit einem Appell an diese "besonders von deutscher Geschichte betroffenen" Menschen: "Träumen Sie Ihren Traum von der alten Heimat neu als Traum von einem mitmenschlichen Europa, in dem sich die Menschen auch über Oder und Neiße hinweg gerne besuchen."

Durch die engagierte Arbeit des Vereins "Gnadenkirche Tidofeld" und den wiederholten Jugendaustausch zwischen Deutschen und Polen ist dieser Traum seiner Verwirklichung sicher ein Stückchen näher gekommen. Ein "ermutigendes Zeichen für ein neues Deutschland", das sich seiner Verantwortung bewusst sei, "ohne den eigenen Schmerz zu verschweigen", betonte Superintendent Dr. Kirschstein am 20. Tag der Deutschen Einheit.

Die Predigt unter dem Motto "Grenzenlose Güte, grenzüberschreitende Wahrheit" lesen Sie HIER.