Horizonterweiterung: Berlin war eine Reise wert!

Berlin - Norden, 13. August 2010

Norder Konvent fünf Tage lang zu Gast in der Bundeshauptstadt

Fünf ereignisreiche Tage verbrachte der Konvent der Pastorinnen und Pastoren des Kirchenkreises Norden in der Bundeshauptstadt: Vom 8. bis 12. August weilten 21 Geistliche und ein Baby in Berlin. Die von Pastorin Andrea Jandke-Koch (Dornum) und Pastor Ingo Wiegmann (Hage) inhaltlich bestens vorbereitete und vom Ephoralbüro organisierte Fahrt diente vor allem der gemeinsamen Horizonterweiterung. "Kirche in der Hauptstadt" war das Leitmotiv - und dazu musste sowohl die Hauptstadt kennengelernt, als auch kirchliche Besonderheiten erforscht werden.

Das dicht gedrängte Programm umfasste darum touristische wie ekklesiologische, aber auch politische Schwerpunkte: Aus eigener Kenntnis heraus führte Ingo Wiegmann - er hat vier Jahre lang in Berlin studiert - auf einem "geistlichen Stadtrundgang" durch Berlin-Mitte. Eine gemeinsame Schifffahrt auf Spree und Landwehrkanal eröffnete ungewohnte Perspektiven auf die Berliner Sehenswürdigkeiten. In kleineren Gruppen gehörte auch das Kennenlernen so "skurriler" Orte wie die "Tadschikische Teestube" dazu.

Intensive Gespräche mit dem Pastor (und ehemaligen Hager Vikar) Dr. Johannes Krug an der ältesten Berliner Kirche, der Marienkirche am Alexanderplatz, führten die "neuen Wege" Berliner Kirchlichkeit in einem teils aggressiven atheistischen Umfeld vor Augen: Nur noch 10% aller Menschen verstehen sich hier als organisierte Christen - mit einem kulturellen und weltanschaulich einladenden Programm auf hohem Niveau versucht die Kirche darum, ganz neu auf sich aufmerksam zu machen. Eine Entwicklung, die auch der Kirche "in der Provinz" bevorsteht?

Im "Evangelischen Zentrum", dem Landeskirchenamt der Kirche von Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, kam es zum Rückblick auf die "Kirche in der DDR" - was daraus geworden ist, und welche Perspektiven sich heute für die ehemals unterdrückten Christen in der gemeinsamen EKD ergeben. Dr. Reinhard Kees vom Berliner Missionswerk war hier ein ehrlicher und sehr kompetenter Gesprächspartner.

Besonderes Interesse galt darüber hinaus neuen geistlichen Aufbrüchen: So besuchte der Norder Konvent das neu gegründete evangelische "Stadtkloster Segen": Die Glaubensgemeinschaft "Don Camillo" aus der Schweiz hat hier für einen symbolischen Euro eine der großen Innenstadtkirchen übernommen, führt bereits regelmäßig Stundengebete durch und hofft, über die bereits zugesagten 1,3 Mio. hinaus die erforderliche Summe zur Sanierung des kirchlichen Gebäudes und der zahlreich angegliederten Wohnungen zu erreichen. Gastfreundschaft und Idealismus waren schon jetzt beeindruckend spürbar!

Beeindruckt zeigten sich die Norder auch beim Besuch des "Zentrums am Hauptbahnhof", wo die Berliner Stadtmission ihr Domizil gefunden hat: Ihre professionell durch Fundraising ermöglichte diakonische Arbeit zugunsten der Obdachlosen (Übernachtung, "Kältebus", Eingliederungshilfen) verblüffte ebenso wie die Tatsache, dass rund 20 Gemeinden mit teils reger und sehr erfolgreicher Jugendarbeit besonders junge Menschen neu erreichen.

Der gesamte Mittwoch war der politischen Horizonterweiterung gewidmet: Tief berührt zeigten sich die Norder beim Besuch der "Gedenkstätte Deutscher Widerstand" im sog. "Bendlerblock". In der Tradition dieses sozialistisch, humanistisch wie christlich geprägten Widerstandes gegen den Nationalsozialismus versteht sich die heutige Bundeswehr: Ein Gespräch mit einem Öffentlichkeits-Offizier zu Fragen der Militär-Politik Deutschlands - insbesondere im Blick auf Afghanistan - schloss sich an. Ebenso spannend ging es weiter: nach einer historisch wie gesellschaftspolitisch orientierten Führung durch das Reichstagsgebäude traf sich der Konvent mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Auricher Bundestagsabgeordneten Thilo Hoppe (Bündnis90 / Die Grünen) - auch hier kam es aus anderer Perspektive noch einmal zum intensiven Gedankenaustausch über das Thema "Afghanistan".

Dass bei so viel inhaltsschwerem Programm auch die geistliche Komponente nicht fehlen durfte, versteht sich von selbst: Zum Abschluss feierte Superintendent Dr. Helmut Kirschstein im großen Kreis einen Abendmahlsgottesdienst, in dem die tatsächliche Verbundenheit aller Mitglieder des Konvents zu spüren war - eine wichtige Bekräftigung auf dem gemeinsamen Weg, nicht nur durch die Straßen von Berlin...